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Kommentar Türkisches DemokratiepaketMogelpackung für die Kurden

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Das Demokratiepaket Erdogans hätte den Friedensprozess mit der PKK voranbringen können. Doch diese Chance wurde schmählich vergeben.

Diese PKK-Kämpfer werden wohl noch ein Weilchen in unwegsamem Gelände ausharren müssen. Bild: ap

D er türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat sich zu einem glücklosen Mann entwickelt. Seit den Gezi-Protesten innenpolitisch angeschlagen und nach dem Putsch in Ägypten außenpolitisch isoliert, droht er jetzt durch Mut- und Visionslosigkeit auch sein letztes großes Projekt zum Absturz zu bringen: die Aussöhnung mit den Kurden.

Diese für die Zukunft der Türkei vielleicht wichtigste politische Aufgabe hatte Erdogan nach jahrelangem Zögern im Herbst des letzten Jahres auf den Weg gebracht, als er sich zu Gesprächen mit dem seit 1999 inhaftierten historischen Führer der kurdischen PKK, Abdullah Öcalan, entschloss. Er schickte seinen Geheimdienstchef auf die Gefängnisinsel Imrali zu Öcalan, um einen Rahmen für das Ende des 30-jährigen Guerillakriegs abzustecken. Er gewann Öcalan für eine Friedensinitiative. Die PKK erklärte einen Waffenstillstand, den sie seither einhält. Einen Großteil ihrer Kämpfer hat die PKK inzwischen in den benachbarten Nordirak oder nach Syrien verlegt.

Und Erdogan? Er sollte im Gegenzug die Gleichstellung der Kurden als Staatsvolk, die Benutzung der kurdischen Sprache etwa in Schulen und mehr Selbstbestimmung in den kurdischen Siedlungsgebieten im Parlament durchsetzen. Doch Erdogan zögerte monatelang, der Friedensprozess geriet ins Stocken, drohte zu scheitern.

Mit seinem Demokratiepaket hätte gestern der Befreiungsschlag erfolgen müssen, aber aus dieser Befreiung ist nichts geworden. Erdogans groß angekündigte demokratische Initiative ist für die Kurden eine Mogelpackung ohne Substanz. Damit hat der Ministerpräsident wohl seine letzte Chance vertan. Wenn die PKK in der Türkei trotzdem erst mal nicht zu den Waffen greift, dann nicht mehr wegen Erdogan, sondern weil sie ihre Kräfte in Nordsyrien braucht, um sich gegen al-Qaida zu verteidigen.

In der Türkei hat unterdessen der Wahlkampf begonnen, der alle weiteren Gespräche mit der PKK ausschließt: Ab März des kommenden Jahres werden erst die Kommunalvertretungen, dann wird der Präsident und schließlich das Parlament gewählt. Deshalb war Erdogans wichtigster Zug gestern auch ein Geschenk an die eigene Klientel: Das seit fast 90 Jahren geltende Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst wird aufgehoben. Statt einer ehrlichen Demokratisierung hat Erdogan sich für eine Islamisierung entschieden – und die Kurdeninitiative geopfert.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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15 Kommentare

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  • H
    Hasan

    Lieber Johnny Fontane, soll ich jetzt genauso wie Sie, die türkische Regierung als verbrecherisch bezeichnet haben, die deutsche Regierung bzw. Deutschland bezeichnen. Die Kurden führen keinen Freiheitskampf sondern, versuchen mit terroristischen Mittel und mit Gewalt eine sozialistische kurdisches Staat auf dem türkischen Boden zu errichten. Das Verbot der kurdische Sprache (abgesehen davon welche von den dreien meinen Sie eigentlich)kam nach dem Putsch von 1980 zustande. Es war ein Fehler, die jetzt der Ministerpräsident Erdogan lösen will. Was haben die Türken noch getan, die Armenier, die Assyrer, die Aleviten von Tunceli und jetzt die Kurden. Ist das noch Glaubwürdig? Ziehen Sie bitte eine Nummer! Zurück zu Deutschland, wie schon gesagt, man hat die Türken als Gastarbeiter gesehen, die können keinen deutsch, sie wurden umgebracht (Mölln, Solingen, Ludwigshafen, NSU-Morden,..), hetzbriefe gegen Ihre Religion Islam, Anschläge gegen die Moscheen, dann Islamfeindliche Parteien wie die Freiheit, ProDeutschland,..etc. Trotzdem bezeichne ich Deutschland und Ihre Regierung nicht als verbrecherisch und schon gar nicht als Undemokratisch. Für Sie ist wohl die PKK ein Samariter Verein, die nur was gutes machen will. Ha!

    • K
      Kurdistan
      @Hasan:

      Lieber Hasan,

       

      danke für ihr Demokratieverständnis. Ist wohl die gleiche, begrenzte Demokratiebestrebung der Gezi Proteste. Sie glauben in der Tat, in dem sie Atatürk Fahnen schwenken, ein Demokrat zu sein? Auf türkischen Boden? Dort leben Kurden lieber Hasan.

      Hätte Herr Gottschlich, nur Erdogan kritisiert, wären wahrscheinlich die Kemalisten hier, mit ihrer Kritik enthaltsamer. Aber wenn es um Kurden geht, sind plötzlich die lieben Kemalisten die besten Nationalistne, nicht wahr? Als halber Kurde und Türke, wünsche ich mir in der Türkei weniger Rassismus; das geht anscheinend nur, wenn endlich die nationalistischen Kemalisten besiegt werden.

      Was soll der Vergleich mit Deutschland??? Wollen sie damit Rassismus legalisieren, weil es angeblich in aderen Ländern legal ist? Sie haben es wohl nicht verstanden; Kurden, Armenier und andere Minderheiten entscheiden selber, welche Sprache sie sprechen und welcher Nation sie sich zugehörig fühlen. Nicht die türkischen Kemalisten oder MHP Anhänger. Punkt!

  • Der Artikel beschreibt die Realität in der Türkei. Auch wenn viele der Kommentatoren die verbrecherische türkische Regierung verteidigen. Die Kurden führen einen legitimen Freiheitskampf. Allein das verbot der kurdischen Sprache zeigt dies deutlich auf. Ein ganzes Volk sollte verleugnet werden. Unzählige Kurden und andere Minderheiten fielen dem türkischen Staat zu Opfer. Diese Reformen sind nach all den Jahren der Verfolgung ein Witz. Die Türkei unterstützt in Syrien die islamistische Terrorgruppe Al-Nusra um die Kurden zu bekämpfen. Genau wie von den vorherigen Regierungen ist von der jetzigen keine Demokratie zu erwarten.

  • D
    derSchreiber

    @Hasan

    Ah ja. Weil einige Kurden prominent sind, wird die Masse nicht unterdrückt. Geniale Argumentation.

    Genauso war es ja in den USA der 50er und 60er.

    Mohammed Ali und Sammy Davis Junior sind/waren prominente Schwarze, der Beweis das Afroamerikaner nicht unterdrückt wurden. Beweisführung abgeschlossen.

  • H
    Hasan

    Die kritische Leserin ist ein typisches Beispiel dafür, wie man einen Sachverhalt nach belieben verdrehen kann. Nur um für unsere deutsche MitbürgerInnen glaubwürdig zu erscheinen. Korrekt müsste es heissen: 1.) Es gab keinen Massaker an Kurden. Die Türkei hat, wie jedes Land, die Terroristen, in dem Fall die PKK bekämpft. Und das ist Ihr legitimes Recht. 2.)Auch werden die Kurden nicht unterdrückt. Sonst würden es keine Persönlichkeiten wie der Schauspieler & Theaterkünstler Yilmaz Erdogan, die Sängerin Yildiz Tilbe, der Schauspieler & Filmproduzent Mahsun Kirmizigül, der Sänger Ibrahim Tatlises,...etc nicht geben. Die Kurden die mit PKK zusammengearbeitet haben und noch tun, machen sich strafbar. 3.)Ich weiss nicht, woher die kritischer Leserin die Anzahl der Kurden in der Türkei hat. Auf jeden Fall entspricht es nicht der Wahrheit. In der Türkei gibt es ca. 8-9 millionen Kurden. Auch stimmt es nicht, dass 25% der gesamten Abgeordneten kurdischstämmig sind. 4.)Das die Kurden in Südostanatolien nicht kurdisch sprechen dürfen,ist nicht richtig. Die Kurden können kurdisch sprechen, auch haben Sie Ihren eigenen Radiosender, es gibt auch TV Sender wie der TRT Ses (kurdisch Schesch),dann gibt es auch noch sehr viele Zeitschriften & Zeitungen in kurdischer Sprache. Die Kurden können Ihre kurdische Sprache erlernen und das nicht seit neuestem so, sondern schon seit ein paar Jahren. Allerdings ist die Interesse der Kurden an kurdisch nicht grade gross. Das liegt daran, dass die kurden selber unter sich in 3 Dialekten aufgeteilt sind. Kurmanci, Zazaitisch und Sorani. Deshalb können die sich nicht auf kurdisch verständigen. Da bevorzugen Sie doch die türkische Sprache. Auch gibt es an 2 Universtäten kurdische Lehrstühle. Ich könnte noch mehr aufzählen, aber ich denke das reicht.

  • AG
    auch Gast

    Islamisierung, weil Frauen im öffentlichen Dienst erlaubt wird, selbst zu entscheiden, wie sie sich kleiden, statt sich das von Männern vorschreiben zu lassen? Nach dieser Logik wäre es eine Kurdisierung, wenn Kurden ihre eigene Sprache sprechen dürfen... Im übrigen stimme ich "Kritischer Leser" zu, dem Artikel fehlt es an Inhalt´.

  • KL
    Kritische Leserin

    Vielen Dank für diesen Artikel Herr Gottschlich!

     

    Die PKK Sympathistant_innen unter den Kurden sind keine Minderheit!!!!! Sie vertritt auch nicht die Interessen einer bestimmten kurdischen Richtung - sondern eine ganze Nation, die nach kultureller Freiheit strebt.

     

    'Vermischen Sie bitte diese Minderheit der Terroristen nicht mit dem friedliebenden und aufrichtigen kurdischen Volk.'

     

    Haha! Das ist das Ignoranteste, dass ich seit meiner Flucht aus der Türkei wegen der Massakrierung durch die Türkische Regierung gehört habe. Friedliebend zu sein heißt nicht sich mit der Unterdrückung des kurdischen Volkes und der Kultur durch die türkische Regierung abzufinden!

     

    Es ist auch kein Wunder, dass 25 Prozent der Parlamentarier_innen Kurd_innen sind, immerhin besteht 20 Prozent des türkischen Volkes aus Kurd_innen. Das ist noch längst kein Anhaltspunkt für das ach so tolerante türkische Parlament.

     

    Kurden dürfen im türkischen Teil Kurdistans noch immer kein Kurdisch unterrichten, geschweige denn sprechen. Dass das nur eine Randgruppe interessiert wag ich doch extrem zu bezweifeln.

     

    Ich bin kein Parteimitglied der PKK oder Verfechterin ihrer Methoden aber ihre Interessen als jene einer Randgruppe abzustempeln geht zu weit und ist eine Verleugnung der Unterdrückung des kurdischen Volkes!

    • K
      Kemalfreak
      @Kritische Leserin:

      @Kritische Leserin: Öcalan ging es nicht so schlecht im Knast. Die PKK steuerte er von da aus weiter so gut wie möglich. Ich schätze, er wurde dort gehegt und gepflegt. Andere Häftlinge schauen nach 2 Jahren türkischer Haft schon ganz anders aus...

      @Kurdistan: schaust du dir mal das Greater Middle East Project an, da ist Kurdistan längst eingezeichnet - die Karte, der US-Plan ist uralt. Kemalistische Unterdrückung... Die Pkk hat ja nicht die Türkei terrorisiert. Und die Waffen sind auf den Bäumen gewachsen oder war da vielleicht auch ein bisschen die CIA am Werk? Jetzt kommen die Al Quaida Truppen rein und versuchen das Kurdengebiet zu erstürmen. Ist dann Frieden? Viele Kurden sitzen im Parlament und viele Kurden demonstrierten mit gegen Erdogan. Viele Kurden fühlen sich als Türken. Klar, die anderen gibt es auch. Gewalt verursacht Gegengewalt. Die Kurden können ihre Hände nicht in Unschuld waschen. Viele Unschuldige haben auch die Kurden in den Tod gerissen, z.B. den Bruder eines Arbeitskollegen, der damit nichts, aber auch garnichts zu tun hatte. Ich bin dafür das Kurden ihre Rechte bekommen und endlich Frieden ist. Ob der Kurdenstaat im Sinne des Greater Middle East Projects so gut ist, weiß ich nicht. Wenn Al Quaida und AL Nusra das Gebiet übernehmen blüht weder den Kurden noch den Türken Gutes. Also, vielleicht mal alte Gräben überwinden und zusammenstehen.

  • K
    Kurdistan

    Lieber Herr Gottschlich, leider ein wenig unvollständig. Wie sie sehr wohl wissen, machen es Erdogan, die Kemalisten nicht einfach.

    Wenn man die jahrelange nationalistische, kemalistische Kurdenunterdrückung in Betracht zieht, ist Erdogans Paket sicherlich ein Erfolg. Ohne Erdogan in Schutz nehmen zu wollen, ist es nicht unbedingt einfach, nach den Gezi Protesten, sich stark für die Kurdenrechte zu machen. Die Opposition (CHP), die nationlistische, kemalistiche Einflüsse beherbergt, macht es den Friedensbewegungen ziemlich schwer. Natürlich haben sie Recht, Erdogans Paket ist ungenügend. Das traurige dabei ist, hätte die Opposition das Sagen, gäbe es kein Paket wie auch keine kurdischen Mitbürger. Daher sind auch kleine Schritte willkommen, als gar keine Schritte.

  • H
    Hasan

    Laut Aussage von Herrn Gottschlich:"...als er sich zu Gesprächen mit dem seit 1999 inhaftierten historischen Führer der kurdischen PKK, Abdullah Öcalan, entschloss...." Den Massenmörder und Terroristen als historischen Führer der PKK/Kurden vorzustellen, jenseits des guten Menschenverstandes. Ein Massenmörder, der für über 40.000 Toten verantwortlich ist (darunter auch Kinder, Babys, Jugendliche, Kindersoldaten,..)als historischen Führer zu bezeichnen, ist schon grob fahrlässig. Dann müsste der verstorbene Bin Ladin für Herrn Gottschlich auch ein historischer Führer der El-Kaida/Araber sein. Wie sieht er wohl Martin Luther, Gandhi,..etc ich denke dann nach seiner Schlussfolgerung als Terroristen. Da wackele ich nur mit dem Kopf.

    • H
      Harry
      @Hasan:

      oh ja, in jedem falle ist öcalan ein historischer führer für die kurden. öcalan ist das für die kurden was atatürk für die türken war... und im weiteren sinne könnte man auch atatürk für die 40.000 toten verantwortlich machen, besser gesagt die kemalfaschistische ideologie oder denkst du tausende kurden gehen nur aus jux und dollerei auf die berge und lassen ihre familien zurück?! die kemalfaschisten haben die umstände geschaffen in denen die pkk wachsen konnte und musste. nämlich hass und gewalt!

  • KL
    kritischer Leser

    Und woraus besteht die "Mogelpackung ohne Substanz"? Der Artikel ist auch etwas ohne Substanz und gibt nichts her. Bitte etwas konkreter Herr Gottschlich !

  • M
    Marionetten

    Mindestens 25% aller Parlamentarier im türkischen Parlament sind entweder Kurden oder haben kurdische Abstammung! Quer durch alle Parteien. Eine Terrororganisation -wie die PKK- vertritt nur die Interessen einer extremen Minderheit einer bestimmten kurdischen Richtung. Es ist hier bemerkenswert, dass die taz nie erwähnt, woher die Finanzmittel für diese Terrororganisation der PKK stammen? Rauschgift- und Waffenschmuggel, Schutzgelderpressung und Frauenhandel. Vermischen Sie bitte diese Minderheit der Terroristen nicht mit dem friedliebenden und aufrichtigem kurdischen Volk.

    • J
      Johnny
      @Marionetten:

      Schön, dass Sie schon in ihrem Namen ihre Funktion angeben...

       

      Da lernt die Türkei offenbar langsam von der SU: AgitProp-Kader für den Westen.