Kommentar Trumps Staatsverständnis: Im Zweifel für die Loyalität
US-Präsident Donald Trump bleibt sich treu: Was er der „New York Times“ zum Besten gab, ist letztlich eine Aufforderung zur Rechtsbeugung.

Das waren noch Zeiten: US-Präsident Donald Trump gratuliert US-Justizminister Jeff Sessions (l), der am 9. Februar 2017 seinen Amtseid ablegte Foto: dpa
Es war der vermutlich einzig vernünftige Schritt, den Trumps Justizminister Jeff Sessions in seiner bisherigen Amtszeit unternommen hat, als er sich bei den Ermittlungen zu Trumps Russland-Connection für befangen erklärte. In allen anderen Politikfeldern, von Drogenpolitik bis Reform des Strafjustizsystems, steht Sessions für ein rückwärts gewandtes Weltbild, für eine Politik der „harten Hand“, die mit der Realität der USA nur insofern zu tun hat, als die katastrophalen Auswirkungen jahrzehntelanger Praxis überall im Land spürbar sind.
Ausgerechnet aus diesem einen Lichtblick in Sessions’Agieren, seiner Befangenheitserklärung in Sachen Russland, dreht Donald Trump ihm nun einen Strick. Sicher, eigentlich hätte Sessions schon zurücktreten müssen, als herauskam, dass er bei seiner Anhörung im Senat nicht die Wahrheit gesagt hatte. Aber da stand Trump zu ihm, geißelte die Aufregung als Inszenierung der „Mainstream-Medien“ und der Demokraten.
Was Trump jetzt im Interview mit der New York Times zum Besten gab, ist letztlich eine Aufforderung zur Rechtsbeugung, ausgehend von der verschrobenen Vision, jede Kritik sei eine Lüge und ein Manöver, das abzuwehren jedes Mittel recht sei.
Ein Justizminister, der auch Generalstaatsanwalt ist, muss qua Funktionsbeschreibung unabhängig agieren können, unter Umständen auch gegen den eigenen Präsidenten. So will es die Verfassung der USA. Auf dieser Unabhängigkeit beruht das ganze System. Dass Trump gerade das als „unfair“, ja als Illoyalität dem Präsidenten gegenüber kritisiert, offenbart erneut eine gefährliche Bereitschaft, den Rechtsstaat auszuhebeln.
Dass Dinge wie Gewaltenteilung und Menschenrechte nicht immer verstanden werden, ist auch in Deutschland bei Debatten, etwa über die Rechte mutmaßlicher Vergewaltiger, zu beobachten. An den mächtigsten Regierungschef der Welt sind dennoch andere Maßstäbe anzulegen.
Kommentar Trumps Staatsverständnis: Im Zweifel für die Loyalität
US-Präsident Donald Trump bleibt sich treu: Was er der „New York Times“ zum Besten gab, ist letztlich eine Aufforderung zur Rechtsbeugung.
Das waren noch Zeiten: US-Präsident Donald Trump gratuliert US-Justizminister Jeff Sessions (l), der am 9. Februar 2017 seinen Amtseid ablegte Foto: dpa
Es war der vermutlich einzig vernünftige Schritt, den Trumps Justizminister Jeff Sessions in seiner bisherigen Amtszeit unternommen hat, als er sich bei den Ermittlungen zu Trumps Russland-Connection für befangen erklärte. In allen anderen Politikfeldern, von Drogenpolitik bis Reform des Strafjustizsystems, steht Sessions für ein rückwärts gewandtes Weltbild, für eine Politik der „harten Hand“, die mit der Realität der USA nur insofern zu tun hat, als die katastrophalen Auswirkungen jahrzehntelanger Praxis überall im Land spürbar sind.
Ausgerechnet aus diesem einen Lichtblick in Sessions’Agieren, seiner Befangenheitserklärung in Sachen Russland, dreht Donald Trump ihm nun einen Strick. Sicher, eigentlich hätte Sessions schon zurücktreten müssen, als herauskam, dass er bei seiner Anhörung im Senat nicht die Wahrheit gesagt hatte. Aber da stand Trump zu ihm, geißelte die Aufregung als Inszenierung der „Mainstream-Medien“ und der Demokraten.
Was Trump jetzt im Interview mit der New York Times zum Besten gab, ist letztlich eine Aufforderung zur Rechtsbeugung, ausgehend von der verschrobenen Vision, jede Kritik sei eine Lüge und ein Manöver, das abzuwehren jedes Mittel recht sei.
Ein Justizminister, der auch Generalstaatsanwalt ist, muss qua Funktionsbeschreibung unabhängig agieren können, unter Umständen auch gegen den eigenen Präsidenten. So will es die Verfassung der USA. Auf dieser Unabhängigkeit beruht das ganze System. Dass Trump gerade das als „unfair“, ja als Illoyalität dem Präsidenten gegenüber kritisiert, offenbart erneut eine gefährliche Bereitschaft, den Rechtsstaat auszuhebeln.
Dass Dinge wie Gewaltenteilung und Menschenrechte nicht immer verstanden werden, ist auch in Deutschland bei Debatten, etwa über die Rechte mutmaßlicher Vergewaltiger, zu beobachten. An den mächtigsten Regierungschef der Welt sind dennoch andere Maßstäbe anzulegen.
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Kommentar von
Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, Nicaragua-Aktivist in den 80ern, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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