Kommentar Tour de France: Tour der Süchtigen
Die Tour-de-France-Oberen haben den unbedingten Willen ihres süchtigen Publikums, das Thema Doping auszublenden, schon lange erkannt.
W enn die Tour de France 2009 eines bewiesen hat, dann dies: Das Event ist gegenüber dem Dauerskandal Doping resistent.
Alles ist beim Alten - jeder weiß, dass gedopt wird, und keiner will es wissen. Dabei war doch bekannt, wer die Protagonisten sind: die Gebrüder Schleck, deren Kontakte zum spanischen Dopingarzt Fuentes ebenso aktenkundig sind wie die des Tour-Siegers Alberto Contador, sowie Lance Armstrong, dem 1999 Epo-Doping nachgewiesen wurde.
Die Tour-de-France-Oberen haben diesen unbedingten Willen ihres süchtigen Publikums, das Thema Doping auszublenden, schon lange erkannt. Armstrong wurde als Magnet für die süchtigen Massen der rote Teppich ausgerollt, dem offiziellen Organ der Tour L'Equipe wurden Dopingberichte untersagt. Gestattet wurde es L'Equipe stattdessen, ein Interview mit Andreas Klöden zu drucken, obgleich dieser sich weigerte, dabei über Doping zu reden. Der lasche Internationale Radsportverband UCI wurde nach jahrelangem Zwist wieder zur Dopingbekämpfung ins Boot geholt, das gründlichere französische Labor der nationalen Anti-Doping-Behörde AFLD hingegen ausgebremst. Mit dem gewünschten Ergebnis: Es gab keinen positiven Test, jedenfalls nicht während des Rennens. Falls im Nachtest in ein paar Wochen dennoch jemand auffällt, wird das kaum mehr als eine vermischte Meldung in der Zeitung.
Alleine in Deutschland ist anscheinend das Suchtpotenzial nicht ganz so ausgeprägt wie in anderen Ländern - die Medien berichteten zurückhaltend, die Einschaltquoten waren meistens schlecht. Über die deutschen Journalisten macht man sich wegen dieser Miesepetrigkeit bei der Tour schon seit Jahren lustig. Man sollte sich davon nicht irritieren lassen. Vielleicht hat man hierzulande aus historischen Gründen ein gesundes Misstrauen gegen Verblendung.
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