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Kommentar TerrorwarnungenTerror lässt sich nicht wegbomben

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Die Drohnenangriffe bewegen sich außerhalb des Völkerrechts. Und wenn Terrorbekämpfer selbst zu Terrormethoden greifen, büßen sie ihre Glaubwürdigkeit ein.

S ind die Menschen in Deutschland jetzt vor Anschlägen sicherer, weil eine US-Drohne im unkontrollierten pakistanischen Stammesgebiet mutmaßliche deutsche Islamisten tötete, die womöglich hierzulande Anschläge planten? Und ist es nicht sowieso besser, mit diesen erklärten Feinden unserer demokratischen Rechts- und Werteordnung dort kurzen Prozess zu machen, als womöglich zu Opfern ihrer Aktivitäten hier zu werden? Die Antwort ist: nein.

Vielleicht wird ein Anschlag in Deutschland, so er denn geplant war, durch eine gezielte Tötung in Pakistan verschoben. Auch mag im Einzelfall ein Attentat durch die Exekution der mutmaßlichen Terroristen sogar ganz verhindert werden. Bei Gefahr im Verzug wäre so ein Angriff sogar rechtens. Doch unerklärte und unkontrollierte Drohnenangriffe, die für die Bevölkerung im Zielgebiet nichts anderes als Terror von oben darstellen, beseitigen die Gefahr des islamistischen Terrors nicht. Vielmehr schüren sie neuen Hass und und schaffen neue Attentäter.

Solche Angriffe unterminieren und schwächen das, was sie zu schützen vorgeben. Denn die von den USA offiziell nicht bestätigten und von Pakistans Regierung und Militär zwar offiziell kritisierten, aber de facto geduldeten, wenn nicht gar begrüßten Drohnenangriffe bewegen sich außerhalb des Völkerrechts. Wenn Terrorbekämpfer selbst zu Terrormethoden greifen, verlieren sie nicht nur ihre Rechtsgrundlage, sondern sie büßen auch ihre Glaubwürdigkeit ein.

Bild: taz

Sven Hansen ist Auslandsredakteur der taz.

Wenn es stimmt, dass die Zahl der in pakistanischen Terrorcamps militärisch ausgebildeten deutschen Islamisten wie auch die der Rückkehrer nach Deutschland zugenommen hat, so ist das in erster Linie ein Problem für Geheimdienste, Polizei und Justiz. Der Aufenthalt in einem Terrortrainingscamp ist inzwischen zu Recht strafbar. Rechtsstaaten müssen sich rechtsstaatlich und völkerrechtskonform verteidigen. Das ist meist mühsamer, als mit illegalen Methoden "kurzen Prozess" zu machen, aber die einzige Möglichkeit, Menschenleben, auch deutsche, nachhaltig zu schützen.

Gerade in einem Land wie Pakistan gilt der Westen, der stets Demokratie predigte, aber alle bisherigen Militärherrscher der Landes bewaffnete und finanzierte, als äußerst unglaubwürdig. Drohnen bomben ebenso wenig Vertrauen herbei, wie sie den Terror bekämpfen.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

5 Kommentare

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  • M
    mfstaiger

    @Andreas Suttor: Ich finde sie irren sich. Es mag ja sein, dass sie rein faktisch Recht haben. Aber vielmehr geht es um Moral. Das war, glaube ich, auch das Ansinnen des Autors bei diesem Artikel. Das sogenannte saubere Töten hat schon immer auch unschuldige Zivilisten zu Opfer werden lassen. Das ändern auch Drohnen nicht. Wollen wir wirklich eines Tages den Krieg Maschine gegen Maschine. Ich möchte das nicht, weil damit die Versuchung heraufbeschworen wird, dass man ja bei jedem kleinen Anlass diese Todesmaschinen einsetzen kann, da ja kein eigener Soldat drauf geht.

     

    Es geht wirklich um Glaubwürdigkeit bei einem Kampf in einer Region, in die wir einfach einmaschiert sind und nicht um die Waffenhoheit.

     

    Eine Frage noch an den Autor:

    Gibt es überhaupt Aufzeichnungen darüber, wie viele Menschen jedes Jahr den Drohnen zum Opfer fallen und wie viele davon das nicht-eigentliche Ziel waren?

     

    Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Hansen!

  • S
    stauffenberg

    @Andreas Suttor: "das humanitäre Völkerrecht. Und diese erlaubt die Tötung gegnerischer Kräfte ausdrücklich." - So eine Argumentation müsste natürlich für beide Konfliktparteien gelten. Nun war genau diese Argumentation der Ausgangspunkt für die Bildung von Al Kaida. Die Clique um Bin Laden war der Meinung dass Amerika in ihren Kulturraum eindringt und sie sahen die Tötung gegenerischer Kräfte per Boeing 747 als legales Mittel der Selbstveteidigung an. Wie wir in den letzten 8 Jahren gesehen haben, führte diese Argumentation zu inzwischen 1,5 Mio Toten im Nahen Osten und zur einer Erhöhung der Terrorgefahr für Europa, nicht jedoch zur Lösung des Problems. Dass ein muslimischer Bergdschihadist dies nicht begreift, ist hinnehmbar, dass Europa diese Zusammenhänge nicht begreift, ist peinlich.

  • Z
    Zazaz

    Ich muss korrigieren:

     

    Der Aufenthalt und die Ausbildung in einem Terrorcamp sind an sich nicht straftbar. Vielmehr müssen konkrete Anschlagsplanungen nachgewiesen werden, was praktisch kaum möglich ist. Daher haben wir schon ein paar hundert ausgebildete Terroristen im Land. Ein Spiel mit sehr hohem Risiko, man hat ihn Mumbai gesehen was ein paar Entschlossene mit Kalaschnikows und Handgranaten anrichten können.

     

    Rechtlich sind die Drohneneinsätze vertretbar, wenn man davon ausgeht dass es sich um einen atypischen, asymmetrischen Krieg handelt. Diese Islamisten haben der westlichen Welt den Jihad erklärt, diese Ansicht ist daher durchaus vertretbar. Da es sich um irreguläre Kombattanten handelt gilt insoweit die Genfer Konvention nicht.

  • AS
    Andreas Suttor

    Der Autor irrt. Völkerrechtliche Kategorien spielen beim Drohnenangriff keine Rolle, denn die anzuwendende Kategorie bei bewaffneten Konflikten mit Kombattanten ist das humanitäre Völkerrecht. Und diese erlaubt die Tötung gegnerischer Kräfte ausdrücklich. Im Kampf gegen die IJU und andere radikalislamistische Kräfte in rechtsstaatlichen Kategorien zu denken, offenbart ein gefährliches Maß an Naivität. Und im Übrigen geht es nicht um die Verhinderung um Terroranschlägen hier in Deutschland - die kann man nämlich entgegen der Beteuerung der Schlapphutfraktion gar nicht verhindern - sondern um die Dezimierung des völkerrechtlichen Gegners. Ein im Krieg absolut legitimes Mittel.

  • V
    vic

    In Deutschland wird - wie zu besten Schäublezeiten - vor Terroranschlägen gewarnt.

    Dabei sind wir momentan eine weitaus größere Bedrohung für andere als umgekehrt.