Kommentar Tarifstreit Tageszeitungen: Ein wichtiges Signal
Die Mobilisierung hat gewirkt. Der Tarifabschluss für Tageszeitungs-Redakteure verhindert eine weitere Zementierung der journalistischen Klassengesellschaft.
D er Tarifabschluss für Tageszeitungs-Redakteure ist ein wichtiges Signal für Journalistengewerkschaften und Verleger. Noch im vergangenen Jahr machte man sich beim Deutschen Journalistenverband (DJV) wie bei Verdi ganz handfeste Sorgen darüber, ob man angesichts der angespannten Lage in vielen Häusern überhaupt noch die eigenen Mitglieder mobilisieren könnte. Die zahlreichen Warnstreiks und die resultierenden dünneren Blätter haben nun gezeigt: Man kann.
Das war – und ist – keine Selbstverständlichkeit in einer Branche, die seit Jahren eigentlich schon eine Mehrklassen-Gesellschaft von Journalistinnen ist: hier die festangestellten Redakteure mit Tarifeinkommen, dort die nach abgesenkten Haustarifen oder als Leiharbeiter Bezahlten. Und schließlich die Freien, die bislang die Hauptlast des medialen Wandels zu zahlen hatten.
Vor allem, das „Tarifwerk 2“, das die Verleger ursprünglich gefordert hatten, ist nun bis 2013 vom Tisch. Der Plan, Berufseinsteigern in den ersten Redakteursjahren deutlich weniger zu zahlen, hätte die journalistische Klassengesellschaft noch deutlicher zementiert.
ist Autor der taz.
Auch für die Verleger, vor allem ihren Bundesverband, ist der Abschluss ein Erfolg. Denn ohne ihn wäre wohl Schluss mit einem einheitlichen Tarifwerk für ganz Deutschland, so löchrig es auch sein mag. Mehrere Landesverbände der Verlage hatten im Vorfeld unmissverständlich klar gemacht, dass sie am liebsten nur noch für ihre Region allein agieren würden. Doch das wäre angesichts der Herausforderungen für die Zeitungsbranche, denen sich die Herren der Presse hierzulande ohnehin nur viel zu zaghaft und zögerlich stellen, fatal.
Ganz nebenbei zeigt der Abschluss auch, dass es der Presse insgesamt eben doch gar nicht so schlecht geht, wie das manche Verlage mit düsteren Andeutungen behaupten. Wenn den deutschen Verlegern die sehr deutsche Lust am eigenen Untergang durch die Warnstreiks und das jetzt erzielte Verhandlungsergebnis etwas vergangen sein sollte, wäre das für alle Beteiligten ein echter Fortschritt.
Trotzdem bleibt ein Hauptproblem – die Verlage, die den neuen Tarif wirklich anwenden, sind längst nicht mehr in der Mehrheit. Viele Häuser sind nur noch „oT“, ohne Tarifbindung Mitglied im Verband – und zahlen nach individuellen Haustarifen. Diese sind, wen wunderts, bis auf ein paar ruhmreiche Ausnahmen eher mal schlechter als der Flächentarifvertrag.
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