Kommentar Swift-Abkommen: Und ewig zankt der Europäer
Die Volksvertreter in Brüssel sind eingeknickt. Noch im Februar hatte eine Mehrheit das Swift-Abkommen abgelehnt. Es ist ein Jammer, dass das Parlament nach einem Zwergenaufstand klein beigibt.
D ie EU-Staaten haben das Bankdatenabkommen mit den USA, das amerikanischen Behörden die Abfrage großer Mengen unspezifischer Daten von europäischen Bankkunden erlaubt, in Brüssel unterzeichnet. Nun könnte nur noch das Europaparlament, das laut dem neuen Lissabon-Vertrag zustimmen muss, den unkontrollierten Datenfluss stoppen. Im Februar hatte eine Mehrheit das Swift-Abkommen abgelehnt. Doch mittlerweile sind die Volksvertreter eingeknickt. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale begründen ihren Sinneswandel damit, dass in den Verhandlungen wesentliche Verbesserungen beim Datenschutz erreicht worden seien. Die allerdings sind nichts als reine Kosmetik.
Das Unbehagen darüber ist einigen deutschen Sozialdemokraten und Liberalen deutlich anzumerken. Doch die werden von ihren Fraktionen nicht unterstützt. Die Sorge, dass durch das Fehlen von Informationen über den Geldfluss verdächtiger Personen eine Lücke in der Terrorabwehr entstehen könnte, wiegt für die meisten Abgeordneten schwerer als die Sorge um die Rechte europäischer Bürger. Vor allem Briten und Spanier, die Anschläge auf ihre heimischen Nahverkehrssysteme erlebt haben, halten Verstöße gegen den Datenschutz für das kleinere Übel.
Es ist ein Jammer, dass das EU-Parlament nach viermonatigem Zwergenaufstand klein beigibt und damit das Gewicht der eigenen Institution im neuen Machtgefüge gleich wieder schmälert. Der eigentliche Skandal aber liegt ganz woanders. Seit vier Jahren wissen die europäischen Regierungen um das Swift-Problem. Nach anfänglicher Empörung lieferten sie die Daten freiwillig. Doch Bankdaten unbescholtener Bürger wandern nur deshalb in großem Stil über den Atlantik, weil die Europäer technisch nicht in der Lage sind, auf eine gezielte US-Anfrage hin die Bankdaten eines einzelnen Verdächtigen aus den Auslandsüberweisungen herauszufiltern.
Daniela Weingärtner ist Brüssel-Korrespondentin für die taz.
Technisch wäre eine solche Software längst möglich. Doch politisch müssten sich die EU-Staaten einigen, welches Verfahren eingeführt wird und welche Behörde letztlich über die Herausgabe entscheiden darf. Dem stehen diverse Rechtstraditionen und Auffassungen von Datenschutzstandards entgegen. Da ist es doch viel einfacher, den USA zusammen mit sämtlichen Daten auch gleich die politische Verantwortung zu überlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren