piwik no script img

Kommentar Südafrikas Männer-DebatteGegen die alten Patriarchen

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Präsident hat noch nicht begriffen, dass sein Potenzgeprotze nicht mehr unangefochten toleriert wird.

Am 2. Februar 1990 hob Südafrikas weiße Minderheitsregierung das Verbot des ANC auf. Am 2. Februar 2010 beherrschen Schlagzeilen über Präsident Jacob Zumas geheimes Baby per Liaison mit der Tochter des Chefs von Südafrikas WM-Komitee Südafrikas Zeitungen.

Damals ging es um die politische Grundordnung. Heute geht es um das Verhalten des Einzelnen. Damals kämpfte Südafrikas Befreiungsbewegung für gleiche Rechte für alle. Heute nehmen immer mehr Südafrikaner Anstoß an den Privilegien der Oberschicht. Präsident Zuma symbolisiert für viele einen Stil der Unverfrorenheit, bei dem man sich großzügig nimmt, was einem nach eigener Meinung zusteht: Geld aus staatlichen Geschäften, Dienstwagen zum Privatgebrauch, Subunternehmen mit Vorzugsbehandlung - und eben auch mal die eine oder andere Tochter eines mächtigen Freundes.

Bild: taz

Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im Auslandsressort der taz.

Für die Mehrheit bleibt diese Glitzerwelt unerreichbar, in der sich reiche Männer gegenseitig mit Frauen, Autos und Geld aushelfen. Viele streben danach. Aber die Debatten über des Präsidenten Privatleben sind selbst im ANC überraschend heftig. Wer sein Weltbild auf dem Kampf gegen Benachteiligung gründet, kann nicht einfach die patriarchalische Moral der Alten teilen, bei denen per Vielweiberei und ungeschütztem Sex Kinder in großer Zahl als lebender Beweis der Potenz des Vaters entstehen.

In der jungen Generation haben Aids-Aufklärung und Geschlechtergleichstellung beträchtliche Fortschritte ermöglicht. Zum Teil gleitet dies in religiös verbrämten Rigorismus ab. Doch insgesamt ist die Dominanz der alten Männer im ANC nicht mehr unangefochten. Dies hat Zuma, dessen unverkrampfter Stil ansonsten gut ankommt, nicht begriffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!