piwik no script img

Kommentar SudanOhne Grenzen kein Friede

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Ein Fazit aus der Unabhängigkeit des Südsudans kann jetzt schon gezogen werden: Es war ein großer Fehler, die Staatsgrenzen nicht schon vorab endgültig festzulegen.

S üdsudans Unabhängigkeit 2011 war ein gigantisches Freiluftexperiment. Zum ersten Mal entstanden in Afrika zwei neue Staaten aus einem alten, ohne Rekurs auf koloniale Grenzen. Das Experiment ging gut, die Welt feierte – und wendete sich anderen Problemen zu.

Weniger als ein Jahr danach stehen die beiden Teilstaaten wieder am Rande eines Krieges. Südsudans Besetzung des Ölfeldes Heglig ist nur das neueste Glied in einer langen Kette wechselseitiger Provokationen.

Mal unterstützt der Süden Rebellen im Norden. Mal wirft der Norden Bomben auf den Süden. Die Ölförderung des Südens liegt still, weil der Süden lieber gar nichts exportiert als dem Norden Transitgebühren für Pipelines zu zahlen. Das abschreckende Beispiel von Eritrea und Äthiopien sollte beiden Ländern zu denken geben. Eritrea war jahrzehntelang von Äthiopien besetzt und wurde erst nach einem Umsturz in Äthiopien unabhängig.

Doch schon nach wenigen Jahren führten beide Länder wieder verbissen Krieg gegeneinander und opferten Zehntausende Menschenleben – vordergründig in einem Kampf um unmarkierte Grenzabschnitte in der Wüste, in Wirklichkeit in einem Krieg um die regionale Vorherrschaft.

taz
DOMINIC JOHNSON

ist Co-Leiter des taz-Auslandsressorts.

Ein endgültiger Frieden scheitert bis heute daran, dass Regelungen zum Grenzverlauf vor Ort nicht durchsetzbar sind. In beiden Ländern halten sich Autokraten unter Verweis auf den Bösewicht nebenan. Soll sich dieses Trauerspiel jetzt im Konflikt zwischen Sudan und Südsudan wiederholen?

Eine Lehre gibt es jedenfalls schon: Man muss die Grenzen eines neuen Staates detailgenau klären, bevor er gegründet wird. Der Grundstein einer friedlichen Trennung zweier Teilstaaten besteht darin, dass sie in diesem Punkt eine unwiderrufliche Einigung treffen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • AH
    Afeworki Hagos

    Sehr geehrter Herr Johnson,

     

    Sie sagen "Man muss die Grenzen eines Staates detailgenau klären". Dies wurde doch im Fall Eritrea und Äthiopien mit den Abkommen von Algier (2000)und die EEBC-Grenzkommission (April 2002) geklärt. Das umstrittene Gebiet um die Stadt Badme wurde Eritrea zugesprochen, was dazu führte, dass Äthiopien protestierte und eine Korrektur des Schiedsspruchs verlangte. Bis zum heutigen Tag (2011) konnte die geplante Umsetzung der Grenzdemarkierung deswegen nicht vollzogen werden. Anstatt das die Weltmächte Äthiopien zur Verantwortung ziehen. Wird Eritrea mit einer Sanktion bestraft. Wegen Unterstützung des Terrorismus, hierfür gibt es keine Beweise. Sarkatich, das ist so, wie Saddam und die nicht vorhanden Atombomben. Also Ihr Bericht ist ja nicht schlecht, aber man sollte man sollte immer ein gewisses understatement wahren. Und nicht einfach alles nach plaudern.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Tesfit Hagos

  • H
    Hyab

    Sie haben so sehr recht, lieber Herr Johnson!