Kommentar Streit in der AfD: Vor der Entscheidung
Machthunger und Stillosigkeit: Die Afd zerlegt sich über ihren eigenen Mangel an den viel beschworenen bürgerlichen Tugenden.
S o schnell kann es gehen. Noch im vergangenen Herbst flog die AfD von Wahlerfolg zu Wahlerfolg, schon sah sich die rechtskonservative Partei 2017 im Bundestag. Die raschen Erfolge lenkten ab: von den unbestimmten politischen Positionen der AfD, den unterschiedlichen Vorstellungen von politischen Stil innerhalb der Partei, von den schwierigen Persönlichkeiten des Führungspersonals. Daran sind schon viele Parteien rechts von der Union gescheitert: zuletzt die Schill-Partei, der Bund Freier Bürger, die „Freiheit“.
Wie rechtspopulistisch darf’s denn sein? Diese Kernfrage hat die AfD bislang nicht beantwortet, zumindest nicht einheitlich. Das hat eine Zeit lang gerade zu ihren Erfolgen beigetragen – jeder Wähler konnte das in der AfD sehen, wonach ihm war: Je nachdem, ob er den Fokus auf einen Wirtschaftsliberalen wie Parteichef Lucke legte oder einen Nationalkonservativen wie seinen Vize Gauland. Dessen Flügel setzt zunehmend auf Pegida, Flüchtlingshetze, Islamkritik und spielt mit der Grenze nach ganz rechts. Zuletzt äußerte Thüringens Landeschef Höcke gar Verständnis für manches NPD-Mitglied. Das geht Lucke und seinem Flügel zu weit.
Der hofft, er könne mit der Drohung, auszusteigen, das Ruder noch einmal rumreißen: Denn viele in der Partei denken weiterhin, dass es ohne Lucke nicht geht. Dass der Parteichef aber kurz vor dem Bundesparteitag zur Entscheidungsschlacht bläst, hat nicht nur mit politischen Inhalten zu tun.
Auf Feldern wie der Familienpolitik oder der inneren Sicherheit sind sich Lucke und seine schärfste Konkurrentin Frauke Petry nah: Sie sind beide erzkonservativ. Es geht um Stil und Machthunger, um die Unfähigkeit, miteinander zu reden: Es wäre nicht das erste Mal, dass eine sich bürgerlich gerierende Partei am Mangel bürgerlicher Tugenden scheitert.
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