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Kommentar SteuerkonzeptDas Ende von Westerwelles FDP

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Die Machtverschiebung in der Koalition nutzt der Bundeskanzlerin. Für Merkel ist die FDP kein Premiumpartner mehr, sondern nur noch eine Option unter vielen.

D ie Freidemokraten haben am Dienstag nicht nur ihr Steuerkonzept vorgelegt, sie haben viel Wichtigeres beschlossen: das Ende der FDP in ihrer jetzigen Form. Westerwelles Partei profilierte sich bislang inhaltlich fast ausschließlich über sein Lieblingsprojekt, über schnelle Steuersenkungen. Mit den jetzt vorgelegten, stark geschrumpften Vorschlägen kassiert sie dieses Versprechen größtenteils wieder ein.

Ob die Reform dann Wirklichkeit wird, steht dahin - viel spricht dafür, dass die Regierung angesichts explodierender Staatsschulden ganz auf Steuergeschenke verzichtet. Was für das Gemeinwesen, besonders für die überschuldeten Kommunen, eine gute Nachricht ist, ist für die FDP ein Desaster. Westerwelle hat alles auf eine Karte gesetzt, und er hat verloren. Viele Bürger wählten die FDP wegen ihrer Sturheit, Gutverdiener selbst in einer tiefen Krise besserzustellen. Diese Klientel enttäuscht sie mit dem Wortbruch, in NRW ist die Partei in Umfragen auf sieben Prozent abgesackt.

Noch bedrohlicher als eine Wahlschlappe im wichtigsten Bundesland ist das inhaltliche Vakuum, das unter der geplatzten Steuerblase gähnt. Wenn es mit den Steuern nichts wird - wofür steht dann eigentlich die FDP? Auf diese Frage muss die Partei schnell eine Antwort finden, sonst endet sie als reine Erfüllungsgehilfin der CDU.

Bild: anja weber

Ulrich Schulte ist Leiter des Inlandsressorts bei der taz.

Die Machtverschiebung in der Koalition nutzt der Bundeskanzlerin. Für Merkel ist die FDP kein Premiumpartner mehr, sondern nur noch eine Option unter vielen. Sie könnte in der Koalition mit der gerupften FDP stärker den Kurs bestimmen. Dies ist die Herausforderung für die zögerliche Kanzlerin. Bisher konnte sie sich darauf verlassen, neben der krakeelenden FDP auch ohne inhaltliche Idee gut auszusehen. Damit ist es nun vorbei.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

3 Kommentare

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  • N
    N.Höhn

    Wer Die FDP kennt, weiß, dass sie nur immer eine Mitläufer- Partei war.

    Daran hat sich bis heute nichts geändert.

    Das war bei Brandt so, das wird auch bei Merkel so sein.

    Ein richtiges Konzept zum regieren hat und hatte sie noch nie.

  • M
    Momo

    Völlig entgegengesetzter Ansicht ist die Frankfurter Rundschau.Unter der Überschrift "Im Irrtum, aber standhaft" heißt es:

     

    "Die Kritik an der FDP lenkt ab von der eigentlichen Debatte: Kann der Staat wirklich auf Einnahmen von 19 oder 16 Milliarden Euro verzichten, wenn Gemeinden Schwimmbäder und Theater schließen und das Geld fehlt, um die Schlaglöcher in den Straßen zu stopfen? Wären die Milliarden nicht besser in Kindergärten und Büchereien, in Forschung, eine moderne Infrastruktur oder eine angemessene Ausrüstung der Bundeswehr angelegt?

     

    Irreführend, weil falsch ist die Polemik, die Liberalen legten in der Finanzpolitik eine Kehrtwende hin. Dafür müssten sie sich verabschieden von der Illusion, mit Steuersenkungen Haushaltdefizite bekämpfen und das Wachstum ankurbeln zu können. Das ist erkennbar nicht der Fall. Leider hält die FDP stand."

     

    http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2539842_Analyse-Im-Irrtum-aber-standhaft.html

  • A
    Amos

    Wenn eine Partei mit etwas punkten will, was momentan nicht zu verwirklichen ist, sie das selber weiß,

    aber nur der Macht willen, dafür ist, diese Partei ist unglaubwürdig und stellt sich selbst ins Abseits.