Kommentar Steinmeiers Zukunftspaket: Nicht viel, nicht originell
Mit einem Neun-Punkte-Plan will Außenminister Steinmeier einen Schutzschirm für Arbeitsplätze in der EU aufspannen. Doch eigentlich geht es dem SPD-Politiker darum gar nicht.
E r ist auch noch da. Das ist die eigentliche Botschaft, die Frank-Walter Steinmeier mit seinem Vorschlag für einen "Europäischen Zukunftspakt für Arbeit" aussenden will. Seit zwei Tagen wirbt der Außenminister eifrig für seinen pompös betitelten Neun-Punkte-Plan, eine Art "Schutzschirm für Arbeitsplätze" auf EU-Ebene. Steinmeier mischt mit beim alles überragenden Thema dieser Monate, soll das suggerieren. Doch wer genauer hinsieht, merkt schnell: Nicht der Außenminister ist Urheber dieser Zeilen, sondern der SPD-Spitzenkandidat.
Das zweiseitige Schreiben einen Plan oder gar einen Pakt zu nennen, ist viel zu hoch gegriffen. Steinmeier schlägt unter anderem vor, ohnehin geplante Großinvestitionen in Europa kurzfristig vorzuziehen. Und "Vorfahrt für Beschäftigung" sei oberstes Gebot. Das ist nicht viel, und es ist nicht originell. Aber Steinmeier geht es gar nicht um Inhalte. Der SPD-Kanzlerkandidat versucht, das heimische Publikum mit einem Auftritt als Weltpolitiker zu beeindrucken.
Diese Rolle macht ihm seit Jahren die Kanzlerin streitig. Dem kann Steinmeier nicht länger tatenlos zusehen, sonst droht die Finanz- und Wirtschaftskrise zur besten Wahlwerbung für die Union zu werden. Zum Weltfinanzgipfel in Washington am heutigen Samstag reist Angela Merkel, nicht der Außenminister. Bei den Verhandlungen dabei ist zwar der Finanzminister von der SPD. Doch dass der knorrige Peer Steinbrück ein Genosse sein soll, wissen viele Bürger hierzulande gar nicht. Auch deshalb beteuert Steinmeier nun, die Sozialdemokraten hätten nie an die Allheilkraft der Märkte geglaubt. Agenda 2010 und rot-grünes Energieeinspeisungsgesetz stilisiert er dabei zu weisen Vorsorgemaßnahmen, dank derer Deutschland besser durch die Krise finde.
Lange propagierte die schwarz-rote Koalition das "Durchregieren" bis zum Sommer 2009. Die unvorhergesehene Neuwahl in Hessen im Januar macht das unmöglich. Mit seinem Papier hat Steinmeier nun den Wahlkampf eröffnet.
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