Kommentar Staatstrojaner: Polizei hat widerrechtlich gehandelt
Es gibt keine Regelungen für die Quellen-Telekommunikations-Überwachung in der Strafprozessordnung. Doch die Polizei nutzt sie trotzdem.
S chlamperei oder Skandal? Der Chaos Computer Club hat nachgewiesen, dass ein von der Polizei genutzter Trojaner mehr konnte, als er durfte. Eigentlich sollte er nur bei der Überwachung verschlüsselter Internettelefonate und E-Mails helfen, doch die Spionage-Software konnte mit Screenshots auch unfertige Mails erfassen. Damit wurden Vorgaben des Verfassungsgerichts verletzt.
Natürlich interessieren sich die Ermittler auch für bloße Entwürfe und halbfertige Formulierungen. Oft sagen sie mehr aus als die geglättete Endfassung einer Mail. Auf den ersten Blick spricht also viel für eine vorsätzliche Missachtung der Vorgaben.
Was folgt daraus nun politisch? Müssen Gesetze strenger formuliert werden, damit die Polizei die Grenzen unmissverständlich nachlesen kann? Wer dies fordert, wird feststellen, dass es für die Quellen-Telekommunikations-Überwachung derzeit gar keine Regelung in der Strafprozessordnung gibt.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz. Er lebt und arbeitet in Freiburg.
Die Bundesregierung streitet seit zwei Jahren darüber, ob sie notwendig ist. Die Polizei nutzt die Quellen-TKÜ trotzdem. Das muss gestoppt werden. Ein Instrument, das so missbrauchsanfällig ist, darf nicht ohne demokratische Entscheidung des Gesetzgebers eingeführt und benutzt werden.
Die fehlende gesetzliche Grundlage entschuldigt die Polizei aber in keiner Weise. Selbst wenn man glaubt, die Quellen-TKÜ sei zulässig, weil man sich auf die allgemeinen Regeln zum Abhören von Telefonaten stützen kann, so gelten für die Quellen-TKÜ doch die besonderen Vorgaben des Verfassungsgerichts. Danach muss sichergestellt werden, dass der Trojaner ausschließlich Telefonate und abgesandte E-Mails erfasst. Falls den handelnden Polizisten dies nicht bekannt war, haben die zuständigen Minister die Verantwortung zu tragen.
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