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Kommentar SpritverbrauchDumme, schmutzige Tricks

Tarik Ahmia
Kommentar von Tarik Ahmia

Viele Neuwagen verbrauchen deutlich mehr Sprit als die Autohersteller angeben. Mindestens ebenso skandalös ist die Komplizenschaft der Aufsichtsbehörden.

K aum ein Auto hält den Spritverbrauch ein, den sein Hersteller verspricht. Viele Verbrauchswerte sind von den Produzenten so geschönt, dass die Werksangaben bis zu einem Drittel unter den tatsächlichen Werten liegen. Das ist Betrug an den Autofahrern, an der Umwelt und am Steuerzahler, wenn ab dem 1. Juli die Kfz-Steuer auf Grundlage des Spritverbrauches berechnet wird.

Bild: taz

Tarik Ahmia wurde 1966 in Algier geboren und ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz. Als Volkswirt hat er seit je einen kritischen Blick auf Wirtschaftsforscher, die sich im Besitz einer objektiven Lehre glauben.

Tricksen, blockieren und verhindern sind gerade in der deutschen Autoindustrie bewährte Methoden. Gerade in Sachen Umwelttechnik mussten die Hersteller immer wieder zu entscheidenden Innovationen gezwungen werden. Das war bei der Einführung des Katalysators so wie bei der verbindlichen Durchsetzung des Partikelfilters für Diesel-Pkws. Trotz der verlorenen Schlachten sind viele Hersteller aber lernresistent geblieben. Anstatt auf die klaren Wünsche ihrer Kunden nach sparsamen und sauberen Autos einzugehen, produzieren sie Dinosauriertechnik auf Halde und rechnen mit aller Frechheit einen Spritschlucker zum Öko-Auto. Mit dieser Haltung aus Dreistigkeit und Kurzsichtigkeit hat sich die Autoindustrie zwischenzeitlich selbst in die größte Existenzkrise ihrer Geschichte manövriert: Zu lange hat sie zu viele Autos gebaut, die niemand haben will.

Mindestens ebenso skandalös an dieser Verbrauchertäuschung ist die stillschweigende Komplizenschaft der Aufsichtsbehörden. Sie dulden es, dass sich die Autohersteller die vermeintliche Sparsamkeit ihrer Fahrzeuge selbst bescheinigen - und erfüllen damit ein zuverlässiges Merkmal einer Bananenrepublik, in der es zwischen dem Akteur und dem Kontrolleur keine Trennung gibt. Die deutschen Aufsichtsbehörden sollten es besser wissen und alle Herstellerangaben von unabhängigen Experten nachprüfen lassen.

Mit schärferer Aufsicht ist es aber nicht getan. Die Autohersteller müssen einen echten Bewusstseinswandel erleben und erkennen, dass Verbrauchertäuschung kein Geschäftsmodell ist. Wenn sie aber so weitermachen wie bisher, dann werden sie zweifellos dem Abgrund nur näher rücken.

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7 Kommentare

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  • K
    klarnamenummerouno

    Muss" Wergibt KlarnamenimNetzan" was seine/n letzten Absatz angeht uneingeschränkt zustimmen.

    -Gebt dem Volk wonach es schreit!- trifft eben auch auf dem Automarkt zu. Hier ein Bling und da ein Deung, ein paar mehr PS als der Nachbar und überhaupt alles viel moderner, egal ob das alte 1a in Schuß ist, es muß ein immer größerer Schlitten her. Cayenne& Co haben sich lange super verkauft. Die leise eventuelle Gewissenszwischenfrage ob der Sinnhaftigkeit solcher Autos oder mancher "Innovation" wird vom Hersteller schnell, weil gut erlernt, weg argumentiert.

    Offensichtlich gibt es leider scheinbar nur noch wenige mündige Autobesitzer. Die überwiegende Mehrheit lässt sich durch technisch schwachsinnige Regelungen(Umweltplakette&Dieselpartikelfilter) oder eine Abwrackprämie bevormunden, anstatt ökologisch aber auch ökonomisch sinnvoll zu handeln. "Altes" aufbrauchen und neues WIRKLICH besseres fordern!

  • N
    Nachdenkenhilft

    Typisch Journalist: da werden zielorientiert zur Stützung der eigenen Meinung Dinge vermischt, die nichts miteinander zu tun haben. Klarzustellen wäre:

     

    1.

    Mittlerweile ist so viel zur Praxisferne des NEFZ gesendet, geschrieben und anderweitig berichtet worden, daß jeder halbwegs mündige Bürger davon wissen müßte - erst recht der, der über die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs nachdenkt und für den der Spritverbrauch eine wesentliche Rolle spielt. Wer andere Informationsquellen einfach außer acht läßt, die es zuhauf gibt, gehört zum großen Haufen der "Nicht-Denker", die immer erwarten, daß ihnen jede Entscheidung von Dritten abgenommen wird.

     

    2.

    Der NEFZ hat unbestreitbar den Vorteil, daß er jedenfalls die relativen Unterschiede zwischen einzelnen Modellen und Marken zeigt. Das ist nur mit einem standardisierten Verfahren möglich.

     

    3.

    Was hat das aber mit der Fahrzeugpalette deutscher Hersteller zu tun? Die haben zweifelsfrei zur Zeit keine nachhaltig zukunftsfähigen Konzepte - jedenfalls keine, die sie nach außen kommunizieren. Warum ist das so? Weil über viele Jahre die Nachfrage anders gelagert war. Und wer fragt nach? Wir. Wie überall bekommen wir, wonach wir schreien. Sicher nicht alle, aber eine große Mehrheit, für die das Auto noch immer d a s Statussymbol ist. Die größere, bequemere, sicherere, und ja, auch schnellere Autos wollten. Da mag sich die vermeintlich bessere Erkenntnis besitzende Umwelt-Avantgarde die Haare raufen, die Menschen sind nun einmal so.

     

    4.

    Vom Ersatz der individuellen Mobilität - sprich Einzelfahrzeug, hier konkret Auto - kann nur träumen, wer das Glück hat, zu geregelten Zeiten über Tag an immer demselben Ort seiner Tätigkeit nachzugehen, wenn dieser Ort auch noch mehr oder weniger fußläufig vom nächsten ÖPNV-Haltepunkt entfernt ist. Das ist aber nicht der Regelfall in der real existierenden Arbeitswirklichkeit. Die besteht vielmehr aus wechselnden Arbeitszeiten, wechselnden Einsatzorten und so weiter. Die Aufgabe heißt, Umweltverträglichkeit und Mobilität zu vereinen. Das wird funktionieren, wenn der Druck aus welchen Gründen auch immer steigt. Die letzten dreißig Jahre haben gezeigt, daß Fortschritte nicht nur möglich sind, sondern auch kommen. Heute kann man im Rhein wieder baden - hätte Anfang der 70er niemand geglaubt.

  • M
    Mechaniker

    Ich habe vor 20 Jahren eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker absolviert. Spritverbrauch - Audi - ca. 10 Liter - Heute - 20 Jahre später - es hat sich nix verändert - die Kisten verbrauchen eher mehr als weniger. Wir lassen uns für dumm verkaufen und kaufen.

  • AD
    Axel Dörken

    Fallen euch auch immer nur die gleichen alten und offensichtlich unbewährten Argumente ein?

     

    Bewusstseinswadnel lässt sich nicht erzwingen. Druck erzeugt lediglich, dass so getan wird, als ob.

     

    Außerdem reicht das wichtigste Gesetz aus. Und das ist eines, was nicht einmal per gesetzbuch verankert ist:

     

    Wenn der Kunde nicht kauft, wird der Hersteller auf den Kunden hören.

     

    Der Bewusstseinswandel kommt so ganz von allein.

     

    So einfach ist das.

  • V
    vic

    Die KFZ-Industie muss sich noch lange nicht fürchten. Das Auto als die heilige Kuh der deutschen Bürger, und die Industrie wird bis zum Exitus mit Steuergeldern vom Entwickeln neuer Technologien abgehalten. Der Status Quo ist immer günstiger und bequemer als Forschung und Entwicklung. Zumindest wenn man nicht weit blicken kann.

  • O
    oekter

    Ein guter, daher weitgehend natürlich unbeachteter Kommentar.

     

    Aber indem es heißt : "[...] dann werden sie zweifellos dem Abgrund nur näher rücken.", sollten wir offen, daß sie bald über die Kippkante gelangen.

     

    Auto für jeden, nur das wäre gerecht, geht nicht.

     

    ÖPV für jeden geht hingegen schon,

  • WK
    Wergibt KlarnamenimNetzan

    Der Kommentar ist wie der Artikel auf den er sich bezieht schlicht populistischer Unfug.

    Der NEFZ ist der gesetzlich vorgeschriebene Testzyklus. Basta.

    Der NEFZ bildet naturgemäß kein allgemeingültiges Belastungsprofil ab, und ja, es gibt Tests die dem durchschnittlichen Fahrprofil näher kommen. Aber die sind eben nicht gesetzlich relevant.

    Die Regelungen nach denen eine Zertifizierung erfolgt sind sehr streng, die Aberkennung einer Zertifizierung aufgrund von Betrugsversuchen wäre ein Desaster. Natürlich würde kein Hersteller ein Fahrzeug zur Zertifizierung vorstellen, daß ein negativer Ausreißer im Bezug auf Reibung und Verbrauch darstellt. Würde der BUND bei einem Photovoltaiktest eine Solarzelle mit schlechterem Wirkungsgrad als in der Serie vorstellen?

    Ausgesuchte Motoren- und Getriebeexemplare, Reibungsoptimierte Radlager, ja natürlich. Abgeklemmte Lichtmaschinen und Klimaanlagen gehören aber ins Reich der Fabel.

    By the way, wer kauft denn eigentlich die ganzen Klimaanlagen? Die Hersteller selber? Die haben auch die Hallen voll von Q7 und Touaregs und Cayennes, weil kein Kunde die kauft? Weil alle nur noch Ökos sind und nur die pöhsen Hersteller keine Ökoautos verkaufen wollen?

    *kopfschüttelübersovielKenntnisfreiheit*