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Kommentar Sitz im UN-SicherheitsratDeutschland ist drin - na und?

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Deutschland wollte in den Sicherheitsrat, weil es schick ist, im Sicherheitsrat zu sein. Ein politisches Projekt aber, eine Idee ist nicht zu erkennen.

D ie UN-Vollversammlung hat Deutschland im ersten Wahlgang in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewählt. Was wie ein großer Erfolg der schwarz-gelben Regierung und des Außenministers Guido Westerwelle aussieht, ist bei Licht betrachtet nicht so mehr ganz so toll. Wenn von drei Ländern - Kanada, Portugal, Deutschland - zwei gewählt werden, warum sollte dann ausgerechnet Deutschland, drittwichtigster Geldgeber der UN, herausfallen? Vor allem aber: Was macht Deutschland eigentlich in dem Gremium?

Die anstehende Reform der Vereinten Nationen, allen voran des Sicherheitsrates, wird Deutschland nicht wirklich voranbringen. Mit Frankreich und Großbritannien ist Westeuropa unter den ständigen Mitgliedern überrepräsentiert, die G-20-Staaten, die mehr Einfluss erlangen sollten, sind nach wie vor zu wenig vertreten. Wer braucht da Deutschland?

Das Auswärtige Amt hat schon innerhalb der Bundesregierung unter Führung des schwächsten Außenministers, den die FDP je gestellt hat, an Einfluss und Kompetenz verloren - warum sollte also ein deutscher Sitz für die kriselnden Vereinten Nationen gut sein?

Bild: taz

Bernd Pickert ist Redakteur für Nord-, Mittel- und Südamerika im taz-Auslandsressort.

Zu den wichtigen Fragen, die von den Vereinten Nationen in den nächsten Jahren zu beantworten sind, hat die schwarz-gelbe Regierung wenig beizutragen. UN-Reform, Millenniumsziele, Konflikt- und Krisenmanagement? Eine deutsche Linie ist nicht zu erkennen. Der Versuch einer gemeinsamen europäischen Interessendefinition - immerhin sind alle Länder Kerneuropas gleichzeitig konservativ regiert - Fehlanzeige.

Deutschland wollte in den Sicherheitsrat, weil es schick ist, im Sicherheitsrat zu sein. Ein politisches Projekt aber, eine Idee ist nicht zu erkennen. Das war bei der letzten deutschen Mitgliedschaft 2003/04 anders: Bei aller Kritik am Außenminister Joschka Fischer muss doch konzidiert werden, dass er gemeinsam mit Frankreich den USA und Großbritannien im Vorfeld des Irakkrieges die Stirn bot. Zugegeben: Von den damaligen Träumen, Europa unter deutsch-französischer Führung zur zivilen Gegenmacht aufbauen zu können, ist nichts geblieben. Aber es war wenigstens eine Idee. Von schwarz-gelb ist Ähnliches nicht zu erwarten, weder in Richtung USA, noch Russland, noch China. Deutschland ist als Mitläufer gewählt worden. Das schadet nichts - im Gegenteil, wie der Berliner sagt, es nutzt auch nichts.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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5 Kommentare

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  • V
    vantast

    Schade, bringt nur hohe Kosten und viele tote Soldaten, die für freie Handelswege und Bodenschätze sterben werden. Eine weitere Militarisierung ist wohl schon angedacht.

    Dabei könnte sich Deutschland jetzt schon nützlich machen, indem es Agrar- und Waffenexporte unterläßt. Auch keine Waffen in das Spannungsgebiet Israel.

  • H
    hto

    "Was macht Deutschland eigentlich in dem Gremium?"

     

    So eine blöde Frage, von einem Surfer auf dem Zeitgeist, also kein Wunder wenn das offensichtliche, nämlich die konfusionierende Überproduktion an systemrationalem Kommunikationsmüll für die Globalisierung der "Dienstleistungsgesellschaft" im Tititainment, für den gewohnten Tanz um den heißen Brei ver- und bearbeitet wird!?

  • S
    soso

    Es ist echt erbärmlich, wie sich Länder einem Gremium anbiedern, das nicht nur Vetternwirtschaft betreibt, sondern auch die Lösungen den Problemen vorwegnimmt, um so von den wirklich wichtigen Widersprüchen abzulenken -wie etwa dem Machtgefälle oder dem Vetorecht; was soll das denn jetzt heißen: Wenn ich mir ganz ökologisch Second-hand-Uran kaufe und das dann zu Plutonium mache, bin ich automatisch weltsicherheitspolitisch schwer vertrauenswürdig -klingt logisch, mach ich jetzt auch so!!

  • V
    vic

    Kommentar von heute früh auf Deutschland Radio Kultur:

    "Deutschland als Vorreiter in Klima- und Sicherheitspolitik ist ein Gewinn für den Rat"

     

    Deutsche Klimapolitik wird von einer Handvoll Konzernen diktiert, während deutsche Sicherheitspolitik ein Unsicherheitsfaktor für alle Beteiligten ist und von den USA bestimmt wird.

  • U
    Unknow

    Freut mich, dass man in der Taz an allen Erfolgsgeschichten der Politik etwas zu meckern findet. Deutschland ist ein Paradebeispiel für eine Demokratie, steht gleichermaßen für Klimaschutz, Frieden und Menschenrechte und wurde dazu noch zweimal in Folge zum beliebtesten Land der Welt gewählt (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7247146/Deutschland-ist-das-beliebteste-Land-auf-der-Welt.html). Wenn es kein Erfolg ist, dass so ein Land nun für zwei Jahre in den UN-Sicherheitsrat gewählt wurde, dann weiß ich nicht, was denn sonst mal ein Erfolg sein könnte.

     

    Generell ist es ja nicht falsch, wenn Journalisten kritisch sind, aber Kritik nur der Kritik wegen ist doch sehr populistisch und wie ich finde dumm!