Kommentar Senatswerbung: Falscher Einfluss aufs Volk
Der Berliner Senat wirbt für Ethikunterricht - und sollte das Geld lieber sparen.
I n der Redaktion bekommen wir immer wieder Post von Lesern, die gegen jede Werbung in der taz sind. Sie fürchten, dass Konzerne sich damit eine freundliche Berichterstattung erkaufen wollen. Bei den am Montag in sieben Zeitungen erschienenen Anzeigen des Senats gegen "Pro Reli" war es sicher nicht das Ziel, Einfluss auf die Redaktionen zu nehmen. Die Anzeigen sind dennoch falsch: weil der Senat nicht mit Steuergeld Volksentscheide beeinflussen sollte.
Die taz kann die 1.280 Euro für die Anzeige zwar gut gebrauchen. Auch die anderen Zeitungen werden sich über die insgesamt 25.000 Euro gefreut haben. Und der Senat soll auch eine Meinung haben und die laut sagen. Die Zeitungen haben auch darüber berichtet, dass der Senat den Volksentscheid ablehnt.
Bezahlte Werbung sollte dagegen den Initiativen und Parteien vorbehalten bleiben. Sie müssen dann nach Personen und Unternehmen suchen, denen das Anliegen so wichtig ist, dass sie Geld spenden. Klaus Wowereit hat zu Recht beklagt, dass dadurch ein Ungleichgewicht entsteht: Finanzkräftige Interessengruppen können eher einen Volksentscheid finanzieren. Man kann dieses Ungleichgewicht nicht verhindern, aber zumindest für mehr Transparenz sorgen. Ganz falsch ist dagegen, wenn der Senat mit Werbung dagegenhält, die er mit den fast unbegrenzt vorhandenen Steuergeldern bezahlt. Sonst erscheinen vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl noch Senatsanzeigen für SPD und Linkspartei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Friedensgespräche“ in Riad
Die Verhandlungen mit Russland sind sinnlos
Trumps Kampf gegen die Universitäten
Columbia knickt ein
Letzte Generation angeklagt
Was sie für uns riskieren
Ökonom über Steuersystem
„Auch in der Mitte gibt es das Gefühl, es geht ungerecht zu“
Ergebnis der Abstimmung
Pariser wollen Hunderte Straßen für Autos dichtmachen
Kostenloser Nahverkehr
Schafft endlich die Tickets ab