Kommentar Seehofer: Die Fehlbesetzung
Auch Seehofer liebt die Show in Berlin, doch er sagt schon seit Monaten, dass ihm der Job als Landesvater eigentlich kaum Spaß mache. Und Erfolge kann er keine vorweisen.
M arkus Rinderspacher, der junge Fraktionschef, soll den Absturz der SPD im Freistaat stoppen. Und das könnte tatsächlich klappen. Der politische Gegner macht nämlich derzeit niemandem Angst.
Denn in der CSU diskutiert man nicht mehr, ob Horst Seehofer abtreten muss, sondern wie viele Wochen es noch bis dahin dauert. Nachdem er eine Erkältung verschleppt hat, orakelt die Bild-Zeitung genüsslich über seinen desolaten Gesundheitszustand. Journalisten lieben solche dramatischen Geschichten.
Doch der Grund für die Krise der CSU ist banaler: Seehofer mag ein solider Parteichef sein, er ist ein erbärmlicher Ministerpräsident. Seine Einsetzung beruhte auf einem katastrophalen Missverständnis: der Annahme, die bayerischen Bürger wählten die CSU wegen ihrer krachledernen Politshow. In Wahrheit haben die Menschen das nur toleriert, solange die CSU daheim in Bayern eine solide Sachpolitik machte.
Anfang der 1990er-Jahre drohte ja schon einmal der Absturz. Dann wurde Stoiber Ministerpräsident. In den ersten Jahren modernisierte er Bayern radikal. Aus seiner erfolgreichen Landespolitik zog Stoiber die Kraft für seine arroganten Auftritte in der Bundespolitik.
Auch Seehofer liebt die Show in Berlin, doch er sagt schon seit Monaten, dass ihm der Job als Landesvater eigentlich kaum Spaß mache. Und Erfolge kann er keine vorweisen. In den Randgebieten des Freistaats sterben die Städte aus. Schon wenige Kilometer von München entfernt fehlt es an Infrastruktur, wie Breitbandanschlüssen. Das hoch selektive bayerische Schulsystem ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Und selbst wenn Seehofer wie bei Quelle ein Thema zur Chefsache erklärt, scheitert er erbärmlich.
Mit Stoiber spielte der Freistaat in der Champions League. Heute reicht es nur noch für die Regionalliga. Für Bayern, für die CSU und besonders für ihren Vorsitzenden.
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