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Kommentar Schweizer FrankenDie Luft wird zu dünn

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Wer sich die gute alte DM zurückwünscht, sollte einen Blick auf die Schweiz werfen. Der Höhenflug des Franken ist für ihre Wirtschaft wie auch für ihre Notenbank ruinös.

W ie wäre es, wenn wir jetzt noch die DM hätten? Diese Frage stellen sich derzeit viele Deutsche, die dem Euro misstrauen. Die Antwort ist: Die DM wäre in der Finanzkrise zerfetzt worden, und die Bundesbank würde Milliardenverluste verbuchen. Denn genau dieses Drama spielt sich derzeit in der Schweiz ab, die noch ihren Franken hat.

Gerade die Stärke der Schweiz wird nun zur Schwäche. Das Land gilt als sicherer Hafen, weswegen die Investoren in den Franken drängen, der dadurch stetig teurer wird. Dies lässt die Schweizer Exporte lahmen, was wiederum die Schweizer Nationalbank (SNB) zu immer neuen Verzweiflungstaten zwingt. Am Mittwoch gab sie bekannt, dass sie die Geldmenge erneut drastisch erhöht.

Die SNB druckt Geld, weil sie noch immer auf das Gesetz von Angebot und Nachfrage hofft. Wenn es gaaaaaaaanz viele Franken gibt, dann muss der Kurs doch irgendwann sinken. Doch bisher funktioniert dieser Trick kaum. Die Investoren schieben eine derartige Panik, dass sie bedenkenlos jeden Franken aufsaugen, der zusätzlich in Umlauf ist. Der Frankenkurs bewegt sich daher weiter in astronomischen Höhen. Es ist also nichts gewesen außer Spesen, denn die Gefahren sind sehr real: Wenn die Nationalbank ständig Geld druckt, droht irgendwann eine Inflation.

Bild: taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Aber eine Alternative ist auch nicht in Sicht. Der SNB gehen die Instrumente aus, um den Höhenflug des Frankens zu beenden. Der Leitzins ist schon bei null, und mit Devisenankäufen hat man bereits einen Verlust von 32 Milliarden eingefahren. Bleibt eigentlich nur eine Lösung, so unwahrscheinlich sie derzeit klingt: Die Schweizer müssten dem Euro beitreten. Dann wären sie vor Währungsspekulationen geschützt.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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5 Kommentare

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  • P
    Peter

    So ein Unsinn. Die Bürger der Schweiz besitzen teuere Werte als zuvor = Positiv. Die Schweizer können billiger benötigte Rohprodukte einkaufen = Positiv. Die Ausweitung der Geldmenge führt zu höherem Wohlstand, da ja der CH-Franken als werthaltig angesehen wird = Positiv.

    Wir sollten uns ein Beispiel an den Schweizern nehmen. Ich hoffe ihre Demokratie überlebt, bei uns wird sie gerade mit Füßen getreten und via Brüssel möglichst schnell abgeschafft. Hauptsache den Bürger nicht fragen, diese lästige Sippschaft wäre doch imstande anders zu handeln.

  • N
    Norbert

    Trotzdem wäre mir die DM lieber, ok, es würde einiges teurer werden, das könnte ich mir aber leisten.

  • W
    Westberliner

    Bevor die Schweizer den Franken aufgeben, sprechen sie eher alle Hochdeutsch.

  • SB
    Siegfried Bosch

    Der Versuch, krampfhaft Vorteile des Euros herbeizuschreiben, ist schon lächerlich:

    1. Deutschland ist größer als die Schweiz, so sehr würde die Mark also nicht aufwerten.

    2. Die Mark hätte eigentlich gar keinen Grund aufzuwerten, denn die Ungleichgewichte zwischen den Volkswirtschaften würden über den Wechselkurs behoben.

    3. Der Schweizer Wirtschaft geht es immer noch blendend: Im Juni ist die Arbeitslosenquote unter 3% gesunken. (Eigentlich das einzige Problem ist, dass der Einzelhandel die Währungsgewinne kaum weitergibt.)

    Alles in allem: Ich hätte gerne die "Probleme" der Schweiz!

  • S
    Schade...

    ... dass wir nicht Schweizer sind. Die haben nämlich die höchst angenehme Option neues Geld zu drucken und ihre Schulden zu bezahlen, OHNE dass ihre Währung zusammenbricht!