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Kommentar Schwarz-GelbFreude ist erlaubt

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Es geht hoch her in der Koalition. Union und FDP schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu - doch am Ende werden sie gemeinsam verantwortlich gemacht.

J a, das rührt zu Tränen. Beinahe. Da wünscht sich der Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag, dass die Koalition einfach mal ein Jahr in Ruhe arbeiten könnte: Gesetz schreiben, Hand heben, Gesetz schreiben - das könnte so schön, das könnte wahrhaftig leichter sein als aktuell dieses groteske Hin und Her bei Schwarz-Gelb! Wenn nur die eigene Politik, wenn nur das eigene Personal nicht wäre, nicht wahr?

Was für ein durchsichtiger Versuch, der FDP den Trottelstempel zu verpassen und sich selbst zur Bastion der Vernunft zu erklären. Selbstverständlich hat die FDP, hat namentlich Wirtschaftsminister Philipp Rösler diesen Stempel verdient. Nichts weist darauf hin, dass Rösler seinem Job gewachsen ist.

Doch darf die Union ihm auch dankbar sein. Durch seine freimütige Äußerung, dass man Griechenland auch pleitegehen lassen könnte, hat Rösler dafür gesorgt, dass er allein auf ewig für jeden Cent haftbar gemacht werden wird, den die Eurorettung noch kostet. Schwarz-Gelb muss aber durchaus als Ganzes für den grotesken Zustand der deutschen Regierungspolitik verantwortlich gemacht werden. Diese Koalition hat die eigene Fallhöhe mit ihrem Geschwätz von Bürgerlichkeit, Verlässlichkeit und Orientierung selbst definiert.

privat
ULRIKE WINKELMANN

ist Co-Leiterin des Inland-Ressorts der taz.

Doch auch wenn klar ist, dass die sogenannten bürgerlichen Werte, wenn irgendwo, dann im linken Lager wohnen - niemand braucht es dort nun mit Anstand und Taktgefühl zu übertreiben. Triumph muss nicht immer billig sein. Bei allem Respekt vor der Größe des Schuldenproblems hat die schwarz-gelbe Truppe genau diesen Respekt nicht mehr verdient. Union wie FDP haben selbst stets den größten Wert auf die Unterscheidung zwischen Leistungsträgern und Minderleistenden gelegt. Daher werden sie einer Würdigung ihrer Minderleistung aufgeschlossen gegenüberstehen - spätestens bei den nächsten Wahlen.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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5 Kommentare

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  • K
    Kati

    Die taz wird immer poetischer. Nun mal ganz seriös, Frau Winkelmann: was kostet uns die von Ihnen ersehnte Euro-Rettung nach aktueller Vorgehensweise? Würden Sie sich da auch in der Haftung sehen? Oder schreiben Sie nur und können ja für alles nichts.

  • N
    Nils

    Bürgerlich und links schließt sich - wenn man mal die Begriffe per se betrachtet, und nicht als "Modelabel" - nicht aus. Natürlich sind SPD und Grüne "bürgerlich". Oder sind Bürger nur noch Anwälte, Ärzte und Unternehmer? Das Proletariat (wenn man diesen Begriff noch bemühen mag) ist doch inzwischen in der Masse so weit sozial aufgestiegen, dass man hier von einer großen bürgerlichen Masse sprechen mag.

     

    Oder sollte man CDU und FDP tatsächlich beim Wort nehmen und festhalten, dass sie als "bürgerliche Parteien" tatsächlich nur Anwälte, Ärzte und Unternehmer vertreten wollen? Das glauben die ja nicht mal selber, gerieren sie sich doch - wenn es eng wird - auch immer gerne als Vertreter des "kleinen Mannes".

  • V
    vic

    SPD und Grüne sind nicht links, bürgerlich im Sinne der CDU hingegen schon.

    Sorry für den Schreibfehler bei der Rest-Partei FDP.

  • N
    Nils

    "[D]ie sogenannten bürgerlichen Werte [wohnen], wenn irgendwo, dann im linken Lager [...]"

     

    Schön gesagt, Frau Winkelmann. Es wäre schön, wenn sich diese Sichtweise endlich mal durchsetzte und Rot, Rot und Grün nicht ständig kampflos akzeptierten, dass der schwarz-gelbe Lobbyistenverbund ständig die "Bürgerlichkeit" für sich allein reklamiert und allen Ernstes auch noch "Leistung muss sich wieder lohnen" fordert und sich und ihre Klientel als "Leistungsträger" bezeichnet, und dabei das Richtige (Mindestlöhne) bekämpft und das Falsche (Steuersenkungen für Reiche) politisch durchsetzt. Es wäre wünschenswert, wenn sich Rot, Rot und Grün mal bemühen würden, die Deutungen für solche Begriffe mal wieder ins rechte Licht zu rücken. Danke, dass Sie hier mal einen Versuch unternommen haben.

  • V
    vic

    Das sehe ich nicht so. Das Bübchen (verz. der junge Herr)ist schließlich Vizekanzler (unglaublich eigentlich), und darf als solcher durchaus eine von Merkel abweichende Meinung äußern- wenn das auch ungewöhnlich und für die Kanzlerin neu ist.

     

    Das Ergebnis ist ohnehin vorgezeichnet:

    Die FPD wird in der Bedeutungslosgkeit verschwinden (wo sie auch hingehört), die CDU regiert endlos weiter. Denn leider stehen ihr reichlich devote Partner zur Verfügung.