Schön, wenn man das konservative Kampagnengeschwätz einen Tag vor der Verlautbarung der Arbeitgeberverbände schon in der Taz lesen kann, darauf legen wir Leser ganz besonderen Wert!
Um es gleich vorneweg zu sagen: ich habe kein Herz für Sozialdemokraten, dafür jede Menge Kritik an diesem verlorenen und verlogenen Haufen. Das ist aber kein Grund, die zaghaften Versuche, den schröderschen Selbstmordkurs zu beenden, mit dem Begriff Retro-Schleife niederzumachen.
Auch so funktioniert reaktionär-konservativer Journalismus:
Man greife sich eine Lappalie heraus: die SPD, oh Schreck, hat keinen Migranten, zu wenig Frauen, äh, ja, also ach was, Wowereit, seis drum, immer noch zu wenige Schwule im obersten Leitungsgremium. Daraus destilliere man ohne Blick auf das Programm und Anträge auf dem Parteitag mühsam zusammen, dass sie sich des Migrationsthemas, der Familienpolitik, der Antidiskriminierungspolitik nicht genügend widme. Und schielt dann unverholen beglückt nach Rechtsaußen zur FDP, wo uns ein vorbildlicher Parvenue als Gesundheitminister gerade das solidarische (na ja, in Überresten) Gesundheitssystem vollends zertrümmert. Man darf das nicht kritisieren, um Gottes Willen nicht, denn das wäre ja keine politische Kritik, sondern nur rückwärtsgewandte latente Fremdenfeindlichkeit, wo doch der Gesundheitsminister so ganz anders aussieht als wir. Er hat zwar die deutsche Staatsbürgerschaft (und die nichtmal im Lotto gewonnen) und unterscheidet sich weder in Schläue noch in Unbedarftheit oder Infamie von all seinen Altersgenossen und politischen Weggefährten. Aber das macht nichts, er wurde vorsichtshalber schon mal mit dem politischen Artenschutzschild für Konservative versehen: ist Immigrant oder kann leichterdings zu einem gemacht werden. Das genügt Herrn Bollmann schon, wie die Kanzlerin aus der Uckermark und der schwule Außenminister. Jeder der die Politik dieser Herren und Damen kritisiert, ist schon enttarnt als xenophob, homophob oder frauenfeindlich, in einem Wort: rückwärtsgewandt.
Ja der SPD-Parteitag, er sollte sich also nicht mit Petitessen wie Steuersätzen oder gar -Gerechtigkeit, Renten, Mindestlöhnen beschäftigen, die sowieso nur die Mehrheit der Lohnabhängigen und armen Selbständigen betreffen und interessieren.
Wieviel Einfalt, wieviel Zynismus muss man eigentlich vorweisen, um bei der Taz kommentieren zu dürfen?
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