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Kommentar SPD-Kandidat Christian UdeHochmut kommt vor dem Fall

Marlene Halser
Kommentar von Marlene Halser

Christian Ude sollte sich an den Grünen und Freien Wählern orientieren, statt sie zu belehren. Denn im Gegensatz zur SPD sind diese im ländlichen Raum schon verankert.

E inen echten Politikwechsel versprach der Chef der bayerischen SPD, Florian Pronold, nach der Nominierung von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude als Spitzenkandidat der SPD.

Doch ob es dafür am Ende reichen wird, wenn die Bayern im Herbst 2013 zur Urne gehen, ist mehr als fraglich. Ude selbst könnte der Grund für eine erneute Niederlage der SPD sein: Als selbsterklärte "Großstadtpflanze" hat Ude den BürgerInnen in Bayern, die außerhalb der Städte leben, nichts anzubieten.

"Natürlich fehlt es mir an Kenntnissen in Ackerbau und Viehzucht", gab Ude nach seiner Nominierung lakonisch zu. Er wolle jedoch die Probleme des ländlichen Raums studieren. Dabei dürfte er merken, dass die ländlichen Regionen Bayerns bei Ackerbau und Viehzucht keine guten Ratschläge eines Städters brauchen.

Die Autorin

MARLENE HALSER ist taz-Korrespondentin in Bayern.

Stattdessen mangelt es in erster Linie an Perspektiven für junge Menschen. Dazu gehört eine schnelle Internetverbindung in allen Teilen Bayerns ebenso wie flächendeckende Kinderbetreuungsangebote außerhalb der Städte. Fraglich ist, ob sich die Bayern, die bisher stramm bei den Schwarzen ihr Kreuz gesetzt haben, tatsächlich von einem repräsentieren lassen wollen, der erst nachsehen muss, was auf dem Land so los ist.

Der Hochmut, den Ude bereits jetzt gegenüber seinen möglichen Koalitionspartnern an den Tag legt, wenn er sagt, die Grünen sollten sich nicht allzu dogmatisch gegen Infrastrukturprojekte aussprechen, ist da wenig hilfreich.

Was Ude offenbar noch nicht gemerkt hat: Die Grünen und die Freien Wählen sind im Gegensatz zur SPD in den bayerischen Landkreisen bereits ganz gut verankert. Sie punkten vor allem dort mit Glaubwürdigkeit, wo sich die Menschen schon seit Langem von der CSU im Stich gelassen fühlen. Sich an ihnen zu orientieren, statt sie zu belehren, täte Ude also gut.

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Marlene Halser
Freie Autorin
Geboren 1977 in München, war von 2011 bis 2019 zunächst als Bayernkorrespondentin, dann als Redakteurin und später als Ressortleitung im Ressort taz2 (Gesellschaft und Medien), sowie als Content SEO bei der taz. Jetzt ist sie wieder als freie Autorin unterwegs.
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4 Kommentare

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  • T
    Tatsächlich.

    Der Münchner Sonnenkönig erpresst die eigene Partei. Er will nur kandidieren, wenn diese von Positionen, z.B. 3. Startbahn München, abrückt. Wird er nicht Ministerpräsident, will er aber auch mit dem ganzen nichts mehr zu tun haben. Sorry, wer will sowas denn wirklich wählen? Die SPD ist geblendet von ihrer eigenen Idee, läßt die PR-Maschine auf Hochtouren laufen und ergötzt sich bereits an ihrem Sieg. Naja, bei der letzten Wahl haben sie sich bei ihrem schlechtesten Wahlergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik ebenso gefeiert und auf die Schenkel geklopft. Die SPD in Bayern hat sich mit Personen und Propgramm dort hin gebracht, wo sie ist und bis auf weiteres hin gehört. Da können sie den Ude bereits als MP bejubeln wie sie wollen. P.S: Man muss die CSU nicht mögen, sie und ihren Seehofer nicht mögen. Allerdings benehmen sich die Protagonisten der anderen Parteien in den anderen Bundesländern zumindest ebenso. Und sind, trotz anderem Parteibuch, oft konservativer und versumpfter als die CSU in Bayern. Was man anerkennen muss, ob ihrs glaubt oder nicht, die Partei hat tatsächlich auch etwas geleistet in Bayern. Da darf man getrost mit den Zuständen in anderen Bundesländern Vergleiche ziehen und ... Bayern steht gut da. Die bayerische SPD würde es nicht besser machen. Da muss man sich nur die Show um Ude anschauen, die Äußerungen des aktuellen Führungspersonals in Bayern und die Realität der SPD-Arbeit in Bayern. Da stellt sich tatsächlich die Frage, ob die CSU nicht das kleinere Übel ist.Ich hätte nie gedacht, so etwas für die CSU einmal zu schreiben.

  • H
    Hans

    Nun die Leute kreuzen eben nicht mehr sicher die CSU bei den Wahlen an. Da muss ich doch widersprechen und Ude löst zumindest das schlimmste Problem der Bayern SPD: Er ist bekannt, seine Regierung existiert, er gewinnt Wahlen und er kann mithalten. Dabei wird es für die SPD wohl sowieso auf Partner ankommen, insofern muss er nicht jeden unzufriedenen Almwirt überzeugen.

     

    Die SPD hat insgesamt einige Leichen im Keller und das setzt Ude sicherlich weitaus mehr zu, als die fehlende DSL-Internetverbindung, Stichworte: Schröder-SPD, Arroganz, Hartz-IV, Neoliberalismus, Unbelehrbarkeit. Ude war zum Glück nie Teil dieses alten SPD-Regierungsprogramm und er war auch immer ein bayrisches Gewächs, wenn auch bislang hauptsächlich in München.

     

    Augeben würde ich ihn 2011 nicht. Sollte die Regierung weiter am Euro laborieren, Griechenland mal auffangen, mal beschlagnahmen, mal abmahnen - die SPD würde an Popularität automatisch gewinnen und Ude könnte davon profitieren. Letztlich braucht er sowieso lokale Partner.

  • E
    exilbayer

    Das wird nix mit dem Ude. In Nordbayern käme niemand auch nur auf die Idee, den König von München zu wählen. Warum auch? Die SPD war in Bayern noch nie eine Alternative. Eher stellen die Freien Wählergemeinschaften die Ministerpräsidentin, als dass es eion Sozi wird. Und der Ude wird es schon gleich dreimal nicht. Ein Münchner? Den werden die Augsburger, Nürnberger und Kemptener nicht wählen.

  • R
    Ralf

    Endlich mal ein Kommentator, der den Ude-Hype nicht mitmacht. Es ist tatsächlich so, dass Ude offensichtlich nicht kapiert, dass München nicht Bayern ist. Sein Einsatz für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen zeugt von Ignoranz für die Menschen in Nordbayern, die nun wiedermal ein Infrastrukturprojekt im verwöhnten München per Steuern mitfinanzieren sollen, dass dazu noch dem Nürnberger Flughafen Entwicklungschancen raubt.

    Von der Presse vergessen ist leider auch der "Hochhaus-Bürgerentscheid" vor rund zehn Jahren, in dem schon einmal eine Mehrheit der (Münchner) Bürger sich gegen Ude und seine (Hochhaus)Bauprojekte stellte. Bedenken gegen Hochhäuser tat Ude damals als provinziell ab - Hochmut kam schon damals vor dem Fall und die Geschichte scheint sich zu wiederholen.