Kommentar Rücktritt de Boer: Welt ohne Klimaminister
Yvo de Boer, Chef des UN-Klimasekretariats, galt als letzter Garant, dass es doch noch irgendwie zu einem Folgeabkommen zum Kioto-Protokoll kommen wird. Sein neuer Job ist ein bedenkliches Signal.
Dieser Rücktritt ist eine Katastrophe: Yvo de Boer, Chef des UN-Klimasekretariats, stellt sein Amt zum 1. Juli zur Verfügung. Damit geht Ban Ki Moons Mann für das wichtigste globale Zukunftsprojekt von Bord. De Boer war sein Weltklimaminister, er galt als letzter Garant, dass es doch noch irgendwie zu einem Folgeabkommen zum Kioto-Protokoll kommen werde.
Katastrophal ist der Rücktritt vor allem wegen seines Zeitpunktes: Einerseits muss sich der Weltklimarat IPCC - also der wissenschaftliche Beirat der UNO - gegenwärtig heftiger Anfeindungen erwehren. Andererseits hat die Weltklimadiplomatie nach dem Schock von Kopenhagen gerade mit Sondierungsgesprächen begonnen, wie die festgefahrenen Verhandlungen vielleicht doch wieder in Gang gesetzt werden können. Ein Rücktritt in dieser Situation legt nahe: Es gibt kein "wieder in Gang setzen", zumindest nicht aus Sicht de Boers.
Dabei wollte der Niederländer doch eben derjenige sein, der als Post-Kioto-Klimaretter in die Geschichtsbücher eingeht. Diesem Ziel hat er alles untergeordnet: 2006 hatte er das Amt übernommen und fortan sämtliche Klimakonferenzen auf "Erfolg in Kopenhagen" getrimmt. De Boer hatte nicht nur den UN-Generalsekretär, sondern auch seinen eigenen Apparat und die Weltklimadiplomaten buchstäblich auf Kopenhagen-Kurs eingenordet.
Dass de Boer seinen Rücktritt zum 1. Juli festlegt und gleichzeitig seinen Wechsel in die Wirtschaft ankündigt, macht doppelt ratlos. Denn Ende Mai beginnt die nächste Klimakonferenz in Bonn - die noch de Boer und nicht sein Nachfolger leiten muss. Sein neuer Job als Unternehmensberater kann auch als bedenkliches Signal verstanden werden: Mit Weltdiplomatie ist der Kampf gegen Klimawandel nicht zu gewinnen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss