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Kommentar Rente mit 67Die Rente mit 67 kommt zu früh

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Bald werden alle, die arbeiten können, gebraucht - auch die Alten. Die Frage ist also nicht, ob man die Rente mit 67 einführen sollte, sondern wann.

S chon der Titel ist zynisch: "Rente mit 67". Denn er impliziert, dass die meisten Beschäftigten bis zur offiziellen Altersgrenze arbeiten würden. Doch nichts ist ferner der Realität. Viele Deutsche gehen sehr früh in den Ruhestand. Von den 60- bis 64-Jährigen arbeitet nur noch etwa ein Viertel - und nicht wenige in Teilzeit.

Viele Beschäftigte scheiden nicht etwa freiwillig aus dem Berufsleben aus. Sie sind krank oder arbeitslos. Wenn ab Januar das Rentenalter schrittweise auf das 67. Lebensjahr steigt - dann wird damit faktisch nur die Rente gekürzt.

Dabei ist die Rente mit 67 eigentlich eine richtige Idee, denn die Deutschen leben immer länger - und sie sind auch länger gesund. 1960 wurde die Rente bei den Männern durchschnittlich 9,6 Jahre ausgezahlt. Heute sind es über 15 Jahre. Zudem wachsen immer weniger Junge nach, die diese Renten zahlen sollen.

ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Doch ist die Rente mit 67 nur gerecht, wenn die Älteren auch einen Job finden. Die Lebensarbeitszeit darf also erst verlängert werden, wenn Vollbeschäftigung herrscht. Das mag utopisch klingen, doch ist diese Zeit nicht mehr fern. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung hat kürzlich berechnet, dass das "Erwerbspersonenpotenzial" bis 2025 um 6,7 Millionen Menschen sinken wird. Denn die Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt, während nur wenige Jugendliche nachdrängen. Dann werden alle gebraucht, auch die Älteren.

Die Frage ist also nicht, ob man die Rente mit 67 einführen sollte, sondern wann. Nichts spricht dagegen, sie erst im Jahr 2020 beginnen zu lassen. Sogar Geld wäre vorhanden: Derzeit ist die Rentenkasse so gut gefüllt, dass die Beiträge gesenkt werden konnten. Also ließe sich mühelos warten, bis tatsächlich jeder Arbeitnehmer die Chance hat, seinen Beruf bis zur Rente auszuüben.

Eine ungeheure Ungerechtigkeit würde allerdings bleiben: Geringverdiener sterben deutlich früher als die gut situierten Arbeitnehmer. Bei der Rente subventionieren also die Armen die Reichen, was sich noch verstärkt, sobald die Altersgrenze auf 67 verschoben wird. Daher wäre es dringend nötig, bei der Rente die unterschiedlichen "Sterbetafeln" zu berücksichtigen. Dies wäre übrigens ganz einfach: Da die Lebensdauer so direkt mit dem Einkommen korreliert, müssten nur die Beitragssätze mit dem Verdienst steigen. Das Fachwort heißt: Progression. Wie bei der Steuer, genau.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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18 Kommentare

 / 
  • CH
    Christoph Haag

    an Paint.Black

     

    ja die Welt ist und bleibt ungerecht, natürlich muss dagegen was getan werden. Aber auch der Vorschlag von Ulrike Herrmann, eine Progression beim Rentenbeitrag einzuführen, weil die "gutsituierten" gesünder statistisch sind und deswegen länger Rente beziehen, ist natürlich ungerecht, z.B. gegenüber dem gutverdienenden Kranken.

     

    Was ich sagen wollte, es hilft nichts an einer Maschine rumzureparieren, indem man einzelne Schrauben feinjustiert, wenn ein großer Teil der Maschine fehlt. Die Maschine ist hier das Rentensystem.

     

    Warum sollten sich Kinderlose schämen ? Dazu gibt es keinen Grund. Sie sollen nur - wie alle anderen auch - ihren Beitrag zu ihrer Rente leisten. Dabei kommt es auch nicht darauf an, warum sie keine Kinder haben.

     

    Wir müssen die Solidarität der Kinderlosen und der von der Rentenversicherung befreiten Selbständigen einfordern. Das ist genau das Gegenteil vom "Ende des Solidaritätsgedankens".

     

    Wenn einige weiterhin glauben, sie könnten - auf den Solidargedanken anderer vertrauend - sich selbst in Sicherheit wiegen, ohne selbst etwas für die Solidargemeinschaft zu tun, dann führt das zum Ende des Wohlfahrtstaats - irgendwann ist schlicht das Geld alle. Es ist die gleiche Haltung. mit der Banken (bzw. deren Mitarbeitet) zocken, wenn's schief geht, auf den Solidargedanken pochen und die Gesellschaft die Zeche zahlen lassen.

     

    Bourdieu? - Hat er etwas zum Rentensystem geschrieben ?

  • P
    Paint.Black

    @ Christoph Haag:

     

    "ungeheure Ungerechtigkeit" - genau.

    Sowas muß man einfach als Gott-oder-wie-auch-immer-gegeben betrachten und so belassen. Ende vom Lied ist dann aber, dass der mit dem größeren Baseballschläger einfach am meisten Glück hat?

    (Oder hat uns Bourdieu nicht eingehend genug hergeleitet wie bessere Bildung, bessere Jobs und höhere Gehälter zustande kommen?(oder auch bessere Kreditbedingungen bei Hausfinanzierungen, hochdotierte Posten, die man (mitsamt des Pensionsanspruches) nie bekommen hätte, wenn bestimmte Fehlleistungen vorher bekannt geworden wären etc...))

     

    Und Kinderlose sollten sich gefälligst was schämen. Da haben sie sich eben nicht genug bemüht, welche zu bekommen, gell?

     

    Ihre Vorschläge führen uns direkt zur Auflösung des Wohlfahrtstaats und zum Ende des Solidaritätsgedanken - dann allerdings wäre es spätestens unverantwortlich Kinder in die Welt zu setzen!

  • HH
    Hans-Hermann Hirschelmann

    Oh weh! Nichts gegen Querdenkerei aber bevor ausgerechnet hier die Kürzung der Rentenbezüge mit dem Trick der längeren Pflicht-Lebensarbeitszeit geheiligt wird, sollten doch wohl eher überlegt werden, wie die Altersruhe (d.h. die dies bedeutende Befreiung von der Lohn- und Gehaltssklaverei) zu einem Moment nachhaltiger Entwicklung der Gesellschaft aber auch der Betroffenen selbst werden könnte.

     

    Das hieße z.B. zu berücksichtigen,

     

    1) dass es eine Menge, menschenunwürdiger, krank machender Arbeitsbedingungen gibt, die die Menschen zudem zeitlebens von einem Gutteil des kulturellen Lebens oder auch den Möglichkeiten politischer Partizipation ausschließen und deshalb über Möglichkeiten eines langsamen Abschmelzen von Pflicht-Arbeitszeiten mit zunehmenden Lebensalter die Rede sein müsste.

     

    2) dass Möglichkeiten einer freiwilligen (!) Verlängerung der Lebensarbeitszeit geschaffen oder verbessert werden.

     

    3) dass beides vielleicht einen Einstieg in ein bedingungslos allen Bürger/inne/n zur Verfügung stehendes Grundeinkommen voraussetzt. Man könnte damit mit 50 beginnen und den Betrag bis 70 in mehreren Stufen erhöhen so dass z.B. auch die freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit auch tatsächlich freiwillig ist. (Aufstockung evt. auch aufgrund von geleisteter Kinderbereutungszeit Pflege von Angehörigen oder ehrenamtlicher Arbeit)

     

    4.) dass die Gesellschaft neben der Pflege von im Alter hilfsbedürftig Gewordenen endlich auch die Mobilisierung freiwilligen Engangenment der - endlich - von der Arbeitspflicht Befreiten für Projekte nachhaltiger Entwicklung als eine notwendige Aufgabe (und eigentlich doch sher schöne Herausforderung) begreift.

     

    Schließlich hätte ich gerade von Ulrike Hermann erwartet dass sie das Thema nutzt um - die Fortschritte in der Entwicklung von Produktivität bercksichtigend - für eine Weiterentwicklung der Ökosteuer als ein Pfeiler der Finanzierung auch von von Ruhezeiten aller Art zu werben bzw. als ein Mittel, zu einem Wirtschaften zu kommen, dass auf ein - am Ende weltgemeinschaftliches - Nachhaltigkeitsmanagemen aufbaut. Wie sonst sollen wir unserer längst ins Unheimliche gewachsenen Produktiv- bzw. Destruktivkräfte Herr werden?

     

    Gruß hh

  • A
    Andreas

    Ach schau mal an. In der Druckausgabe lautet der Titel des Kommentars: "Die Rente mit 67 ist richtig, aber sie kommt zu früh" (man beachte den ersten Teilsatz). Online keine Lust auf den Shitstorm gehabt, der sich daran sehr wahrscheinlich - und berechtigt - entzündet hätte?

  • W
    Waage

    Ich wundere mich etwas über die vielen "Reflexkommentare".

     

    Der Witz an der Sache ist, dass ich ja selber eigentlich auch nur allerhöchstens bis 65 knechten will. Danach möchte ich zwar auch noch ein wenig (...nach Gusto und Gesundheit...) arbeiten und rumpröddeln, aber doch wenns geht mit halbwegs amtlicher Rente im Rücken.

     

    Wer den Artikel genau gelesen hat dürfte aber bemerkt haben, dass Ulrike Herrmann:

     

    1) den Einstieg in eine Rente mit 67 von dem eintreten einer Vollbeschäftigungssituation abhängig machen will,

     

    2) mit progressiv ansteigenden Rentenbeiträgen (also einem zusätzlichen Solidarfaktor von reich und gesund zu arm und krank) auch NiedrigverdienerInnen

    eine erträglich Rentenhöhe auch bei notfalls früherer Verrentung ermöglichen möchte (so habe ich es zumindestens interpretiert).

     

    3) keine Utopie aufzeigt, sondern die Rente mt 67 so anfassen möchte, dass sie wenigstens im bestehenden System Sinn macht.

     

    Die von vielen Miforistinnen dagegen angeführten ungeheuerlichen Produktivitätssteigerungen in den letzten 20, 30, 50, 100 Jahren... reichen in UNSEREM SYSTEM ja auch immerhin, um in einem Umlagesystem den Großteil des "demografischen Faktors" und der partiellen Frühverrentung aufzufangen, ansonsten müsste man über ein "Regelrenteneinstiegsalter" von 75+ reden.

     

    Alternative: das "System" müsste tatsächlich grundsätzlich umgestaltet werden "...let the mashines work..."

     

    ja dann mal los!

  • K
    Kati

    In den Frau Herrmann'schen Kommentaren wird von der Kommentatorin schlicht drauf los geplappert. Da sei mittlerweile die Frage erlaubt: was kommt politisch rechts von der taz? Antwort: ganz lang nichts - und irgendwann die NPD.

  • S
    Sophie

    Aussage 1: "Dabei ist die Rente mit 67 eigentlich eine richtige Idee, denn die Deutschen leben immer länger - und sie sind auch länger gesund."

     

    Aussage 2: "Geringverdiener sterben deutlich früher als die gut situierten Arbeitnehmer."

     

    Welcher Nationalität gehören Geringverdiener an? Was genau ist unter "gutsituierten Arbeitnehmern" zu verstehen?

     

    Vollbeschäftigung im Wirtschaftssystem des Kapitalismus? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Es wird immer eine "Reservearmee von Arbeitslosen" geben, schon aus Erpressungs- und Angstgründen gegenüber denjenigen, die Arbeit haben, meinetwegen auch gutsituiert.

     

    Sozial ist, was Arbeit schafft? Zu welchem Preis? Leiharbeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Niedriglohn, Zumutsbarkeitsregeln für Arbeitslose.

     

    "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Art. 1 GG

     

    Aussage 3: "Denn die Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt, während nur wenige Jugendliche nachdrängen. Dann werden alle gebraucht, auch die Älteren."

     

    Und was machen die Babyboomer bis dahin? Sich gegenseitig preislich und flexibel niederkonkurrieren, um pünktlich mit 50+ aus dem Job zu fliegen? Aus dem sogenannten "Arbeitsmarkt", in dem Wirtschaftsunernehmen, die Dumpinglöhne zahlen, quersubventioniert werden durch Steuern, indem sog. Arbeitnehmer, die zu wenig Lohn bekommen, mittels ALG 2 aufstocken?

     

    Was war Sinn und Zweck der Industrialisierung/ Automatisierung? Menschliche Arbeit maschinell zu ersetzen und somit mehr (menschliche) Freizeit zu schaffen. Frau Herrmann, wie kommen Sie eigentlich darauf, dass es erstrebenswert ist, bis zur Rente (egal, ob 65 oder 67) fremdbestimmt und dumpingentlohnt zu schuften? Leben ist doch wesentlich mehr als Arbeit.

     

    Die Rente ist keine Problem der Demographie sondern eines der Entlohnung und der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, die rückläufig sind. Das wäre anders, wenn das Rentensystem ähnlich der Schweiz gestaltet wäre. Ist es aber nicht.

     

    Dieser Artikel geht aus meiner Sicht voll und ganz am wirklichen Problem der Rente vorbei.

  • TS
    Thomas Shamrock

    Was für ein Kommentar!

    Da war ich doch kurz der Meinung in der Rubrik "Wahrheit" eingetaucht zu sein, aber nein, es ist nicht satirisch gemeint.

    Das Menschen heute leicht mal 75-80 Jahre alt werden hat nichts damit zu tun wie es diesen Menschen gesundheitlich geht. Es gibt nicht umsonst das wunderschöne Wort "Altersgebrechen", welches genau die körperlichen Unzulänglichkeiten wiederspiegeln soll die im Alter fast alle Menschen betreffen.

    Wenn man eingeschränkte Sehfähigkeit, Hörverlust und Arthritis mal außen vor läßt ist doch ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin im hohen Alter überhaupt nicht mehr in der Lage dieses heute geforderte Arbeitspensum zu absolvieren.

    Bis zum bitteren Ende arbeiten und dann mit minimaler Rente in eine armutgeprägte Zukunft entlassen zu werden, ist dies alles was unsere Gesellschaft für die nächsten Generationen bereithält? Ist es dann verwunderlich das immer mehr Menschen, die noch einen vernünftigen Stundenlohn bekommen haben, heute in den Vorruhestand gehen und nicht mehr verheizt werden wollen?

    Genauso gut könnten wir Schüler welche nach der 4 Klasse voraussichtlich nur einen Hauptschulabschluss erreichen würden, wenn man sie denn weiter unterrichtet, lieber gleich in die Arbeitswelt integrieren. Junge, kräftige Arbeitskräfte, gerade klein genug für den Einsatz in Kohle- und Eisenminen.

    Ältere Arbeitnehmer/innen könnten dann so lange arbeiten bis sie nicht mehr in der Lage sind eine 7 stufige Treppe hinauf zu steigen. Ein Kriterium das ich gerade eingeführt habe und damit zum geltenden Gesetz gehört.

    Forderungen die vielleicht die FDP retten könnten und einige geldgierige Unternehmer das Hoch auf den Kapitalismus anstimmen läßt.

    Ich danke der TAZ für einen so genialen Kommentar, bloß nicht zuviel nachdenken und in den Mainstream der Regierungspropaganda eintauchen, weiter so!

  • CH
    Christoph Haag

    1. "ungeheure Ungerechtigkeit"

    Leute, die länger oder einfach mehr arbeiten, erhalten mehr Geld. Auch Leute die schlauer, geschickter, gesünder sind als andere, erhalten mehr. Das kann man natürlich als ungeheure Ungerechtigkeit ansehen. Hilft aber nichts.

     

    2. "zu früh"

    Die Staatsverschuldung steigt unaufhörlich weiter, auch wegen der zu großen Teilen steuerfinanzierten Altersversorgung. Das heißt, die Alten leben auf Kosten der Jungen. Solange sich die Rentenversicherung nicht selbst trägt, kommen Maßnahmen, die die Kosten eindämmen, niemals zu früh, sie kommen bereits zu spät.

     

    3. 1.025 / 633 Euro pro Monat

    Frauen haben weniger Rentenbeiträge bezahlt und erhalten deswegen weniger Rente. Vielleicht sollte stattdessen die Rente von Kinderlosen mit der von Paaren mit Kindern verglichen werden. Kinderlose erhalten mehr Rente, weil sie länger berufstätig sein können! Die Kindererziehung ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Frauen weniger Rente bekommen.

     

    4. zusätzliches Geld für die Rente - Progression

    Wir haben ja genau das Gegenteil: Je höher das Einkommen (jenseits der Kappungsgrenze) desto geringer ist prozentual der Rentenbeitrag am Gesamteinkommen. Aber darum geht es nicht.

    Wir sollten uns nicht damit beschäftigen, wie aus einer ausgequetschten Zitrone noch ein paar weitere Tropfen herauszubekommen sind, wenn ringsherum unberührt Zitronen liegen.

    Das heißt wir müssen zunächst dafür sorgen, dass alle in die Rentenkasse einzahlen und nur diejenigen etwas aus dem Topf bekommen, die auch etwas dafür getan haben.

    Wir müssen uns endlich und abschließend klar machen, das die Rentenversicherung eben keine Versicherung ist, sondern tatsächlich und objektiv nur ein Beitrag zur Versorgung der Eltern. D.h. mit einem Teil meiner Arbeit werden die Eltern im Alter versorgt. Dieser Versorgungsbeitrag ist wiederum nichts anderes als eine Kreditrückzahlung für die zuvor von den Eltern erhaltene Erziehung und Ausbildung.

    Das führt zu zwei Schlussfolgerungen:

    - Jeder müsste sich an den Rentenzahlungen beteiligen, weil jeder Eltern hat, die versorgt werden müssen. Viele sind jedoch von Rentenbeitragszahlungen freigestellt.

    - Nur Eltern erhalten Zahlungen aus der Rentenkasse. Kinderlose haben keinen Anspruch auf eine solche Zahlung, sie haben mit ihrem Rentenbeitrag ja nur ihre Eltern versorgt und für die eigene Rente - mangels Kinder - nichts beigetragen. Dafür brauchen wir dann eine zusätzliche echte Rentenversicherung für Kinderlose.

     

    Das reduziert die Ausgaben der derzeitigen Rentenkasse und erhöht gleichzeitig die Einnahmen durch die zusätzliche Rentenkasse.

     

    Statt dessen ist momentan gesellschaftlicher Konsens, dass Kinderlose auf Kosten der Menschen mit Kindern leben dürfen und dafür auch noch eine höhere Rente erhalten. Das ist zugleich "ungeheure Ungerechtigkeit" und Tabuthema.

  • H
    Hans

    Die Rente mit 67 sollte nie kommen.

     

    Sie ist bringt nichts, sondern Nachteile für Menschen, die hart arbeiten müssen. Wirklich funktionieren tut sie doch nur für Beamte, die mit einem Akademikergehalt eine feste Arbeitszeit (meist 35 bis 38 Stunden) haben, massiven Kündigungsschutz und dazu noch eine Batterie an Personalräten. Für den Rest ist es nur: WENIGER RENTE.

    Welcher Stahlarbeiter, der 30 Jahre in Schicht arbeitet, schafft es bis 67? Wahrscheinlich kein einziger hätte diese Konstitution. Das gilt auch für viele andere Berufe mit Schicht- und Nachtarbeit.

    Warum also? Warum ist die SPD so scharf darauf, ihr Klientel mit weniger Rente in den Ruhestand zu schicken?

  • H
    heidi

    Kluger Beitrag. Ganz meine Meinung!

  • MM
    Max Maier

    Die Rente mit 67 ist unnötig wie ein Kropf und dient ausschließlich zur Rentensenkung. Durch die Automatisierung wurde so viel Produktionskapazität aufgebaut dass man das absolut nicht benötigt. Einfach unnötige Jobs die nur dazu da sind andere zu knebeln abschaffen.

  • F
    Felix

    Im Grunde ist die Rente mit 67 nichts anderes, als die staatliche Aufforderung zum Alterssuizid für Arbeiter und Geringverdiener. Wer auf dem Bau oder in der Produktion gearbeitet hat, ist oft schon Mitte 50 verschlissen. Weißfingerkrankheit, Arthrose usw. Wenn man dann nicht mehr arbeiten kann, wird die Rente so niedrig, dass sie eine Aufforderung zum Suizid darstellt.

     

    Die Lebensbedingungen von Alten, Kranken und Arbeitslosen sollen so unerträglich gemacht werden, dass die sich eher umbringen, als versuchen weiterzuleben. Das ist die gesetzliche Umsetzung des neoliberalen Sozialdarwinismus. Fehlt jetzt nur noch, dass vor den Büros der Fallmanager Suizidautomaten aufgestellt werden.

  • N
    naseweiser

    ""Erwerbspersonenpotenzial" (wird)bis 2025 um 6,7 Millionen Menschen sinken .... Dann werden alle gebraucht, auch die Älteren."

     

    Hochrechnung des heutigen Gesellschaftszustandes auf die kommenden 5 , 10 , 15 Jahre ? Ist doch nur noch albern , Frau Herrmann .

  • A
    Anne

    Die Rente mit 67 ist nur eine weitere Umverteilung von unten nach oben.

    Das bald die Alten gebraucht werden, ist völliger Unsinn. Wenn man wollte, müsste bereits heute kein Mensch mehr arbeiten. Die Robotik ist heute so weit, dass im Prinzip wirklich jeder Arbeitnehmer durch einen Roboter ersetzt werden könnte.

    Einen Roboter kann Herr Hundt aber nicht ausbeuten, womit bereits geschrieben wäre, worin genau das Problem besteht.

    Der Kapitalismus muss überwunden werden, um die Renten zu sichern. Alles andere ist Unsinn.

  • M
    Manuel

    "Dabei ist die Rente mit 67 eigentlich eine richtige Idee, denn die Deutschen leben immer länger - und sie sind auch länger gesund."

     

    Tschuldigung, aber das ist doch blühender Blödsinn.

     

    Klar steigt die Lebenserwartung, aber das geht doch einher mit einer enormen Steigerung der Arbeitsproduktivität. Immer mehr Arbeit ist nur noch sinnlos, weil sie viel besser durch Maschinen erledigt werden kann.

     

    Aus ökologischen Gründen ist weiterhin ein Rückgang des Wirtschaftswachstums und mittelfristig eine wachstumslose Wirtschaft zwingend notwendig. Dafür ist weitere Arbeitszeitverkürzung nötig.

     

    Unter diesen Umständen für längere Arbeitszeiten zu plädieren ist Irrsinn - egal ob heute oder in 10-20 Jahren.

  • M
    Maik

    Die Propagandistin.....unglaublich.

  • W
    Waage

    Top Artikel, der die wichtigsten Aspekte des Themas nennt und zu pointierten Schlussfolgerungen verbindet. Da hat Ulrike Herrmann wirklich scharf nachgedacht inclusive der Forderung nach einer Progression bei den Rentenversicherungsbeiträgen.