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Kommentar Rechte und BBCNazi auf Sendung

Ralf Sotscheck
Kommentar von Ralf Sotscheck

Es war ein Fehler, den rechtsextremen Griffin im Fernsehen auftreten zu lassen. Es war der falsche Sendeplatz und auf dem Podium saßen die falschen Gäste.

D er Moderator des BBC-Politikmagazins "Question Time" kündigte an, es solle keine Nick-Griffin-Show werden. Genau das wurde es aber doch. Griffin, Chef der rechtsextremen British National Party (BNP), stand 60 Minuten im Mittelpunkt der Sendung. Wenn sich die anderen Podiumsgäste hinterher dafür beglückwünschten, Griffin entlarvt zu haben, so ist das Augenwischerei. Sicher, Griffin eierte herum und gab Flachsinniges von sich, aber der Erkenntniswert hielt sich in Grenzen: Was ist von einem Schwein anderes zu erwarten als ein Grunzen?

Das Beispiel der französischen rechtsextremen Front National hätte der BBC zu denken geben sollen. Deren Unterstützung in Frankreich verdoppelte sich 1984 nach einem ähnlichen Fernsehauftritt ihres Chefs Jean-Marie Le Pen.

Bild: derek speirs

Ralf Sotscheck ist Korrespondent der taz für Großbritannien und Irland. Er lebt in Dublin.

"Question Time" war der falsche Sendeplatz: bei dem Flaggschiff unter den Politsendungen geht es normalerweise um tagesaktuelle Fragen, nicht um eine Person. Und es waren die falschen Podiumsgäste, denn die Politiker von Labour, den Tories und den Liberalen Demokraten haben mit ihrem Spesenbetrug und ihrem Umgang mit der Finanzkrise mit dazu beigetragen, dass Griffin im Sommer ins Europaparlament gewählt wurde. Warum saß kein weißer Arbeiter, die Zielgruppe der BNP, auf dem Podium und bot Griffin Paroli? Wenigstens taten das die Studiogäste, als es nach der Show vor dem Sendehaus zu nicht ganz friedlichen Protesten gegen Griffin kam.

Diese Taktik, wie sie auch von Vidal Sassoon angewendet wurde, erscheint geeigneter. Der britische jüdische Friseur, der später in die USA auswanderte und mit Haarpflegeprodukten weltberühmt wurde, gründete 1946 die "Gruppe 43". Deren Mitglieder verprügelten die Faschisten um Oswald Mosley, wann immer die öffentlich auftraten. Vier Jahre später waren die Nazis von den Straßen vertrieben.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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4 Kommentare

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  • R
    real_Shrike

    Was !?!

     

    In der taz im Jahr 2009 ein ziemlich offener GEWALTAUFRUF ?????!

     

    Ralf Sotschek ruft zur Gewalt gegen Rechtsextreme auf, er selbst hält sich vermutlich für einen Demokraten ?

     

    SO NICHT !!!

     

    Meine Güte, ihr seid doch gebildete Leute !

     

    Was meint ihr, wie etwa die britische Skinhead-Szene reagieren würde, das könnte Tote geben.

     

    Mit Eskalation erreicht man hier nichts, Griffin hat sich in der Sendung ja moderat versucht, alle haben auf ihn eingeschlagen.

    Er ist wohl ein Rechtsextremer, aber viele Briten stimmen ihm offenbar wenigstens teilweise zu.

    So einen zum Märtyrer zu machen wäre fatal, genauso falsch wie der Versuch, Sarrazin (welcher kein Rechtsextremer ist) abzustrafen.

     

    Nach der bei vielen unpopulären Einwanderung der letzten Jahrzehnte könnte es durchaus sein, dass Länder wie D, F, GB, Niederlande, Norwegen, Schweiz, Österreich etc.ihre Rechtsparteien erstmal für ne ganze Weile nicht mehr los werden.

     

    Denn die vetreten diejenigen, welche die Linke verachtet:

     

    Einheimische Weisse, die es nicht lustig finden, dass sie womöglich noch in diesem Jahrhundert in ihren eigenen Heimatländern zu ethnischen Minderheiten degradiert werden.

     

    Wegen solchen Konflikten hat es schon Bürgerkriege gegeben, siehe Balkan etc.

     

    Es wird noch viele Debatten geben, das Thema werden wir so schnell nicht los.

     

    Hier zu eskalieren mit Gewaltaktionen befeuert nur die Nazis, je mehr diese sich als Opfer darstellen können, desto besser für sie, je mehr Gewalt zum Standard der politischen Auseinandersetzung wird, desto normaler erscheinen dann auch die Nazischläger.

     

    Diesen Weg sollten unsere Gesellschaften nicht gehen, denn sonst könnte es übel werden.

  • J
    johannes

    @ puck:

    Sehr richtig. Dieses "Der Zweck heiligt die Mittel"-Denken ist mir extrem zuwider. Schade, dass die taz sich diesem bedient...

  • A
    Andreas

    Lieber Herr Sotschek.

     

    gegen Nazis hilft also Ihrer Meinung nach nur Gewalt???

    Sie befürworten also Straßenschlachten wie gegen Ende der Weimarer Republik?

     

    Im Gegensatz zur BBC haben Sie anscheinend die Kultur der Meinungsfreiheit nicht verinnerlicht.

    Selbige gilt nun mal auch für Nazis und Faschisten.

     

    Möchten Sie eine Meinungsdiktatur der "Guten", die leider unvermeidlicherweise böse Methoden anwenden müssen?

     

    Mit linken Grüßen

  • PO
    puck of pook's hill

    "gründete 1946 die "Gruppe 43". Deren Mitglieder verprügelten die Faschisten um Oswald Mosley, wann immer die öffentlich auftraten. Vier Jahre später waren die Nazis von den Straßen vertrieben."

     

    und wenn es viele störche gibt, gibt es auch viele kinder ...

    aber wenn es nur darum geht, gewalt zu rechtfertigen, ist wahrscheinlich jede kausalkette recht.