Kommentar Rechte Übergriffe: Erweiterte Kampfzone
Im Hinterland, abseits der Kamerawagen, schlagen die Neonazis zu. Mit Stöcken, Knüppeln und anderen Schlagwerkzeugen wird auf Gewerkschaftler und Studenten eingeprügelt.
H amburger verbarrikadieren ihre Ladenlokale am 1. Mai, Kreuzberger Mittelstandsfamilien packen ihre Koffer, fliehen raus aufs Land: bloß weg von den Randalen in der großen Stadt. Selten war diese auch schon ritualisierte Flucht so irreführend wie an diesem Wochenende.
Die Bilder der Kreuzberger Nächte verdecken einen echten Straßenkampf ums Überleben. Denn dort auf dem Land, wo nicht die großen Übertragungswagen der Fernsehsender auf die Feuerschwaden brennender Autos warten, hat sich ein neues Format entwickelt: Ganz kühl führen Neonazis den Straßenkampf in der Provinz mit Dachlatten und Schlagwerkzeugen.
Man möge sich das vor Augen führen: Weil ein Student eine Antifa-Fahne am Fenster hängen hat, schlagen vermummte Neonazis ihm mit einem Hammer die Scheibe ein und besprühen den am Schreibtisch Sitzenden mit gelber Farbe.
MARTIN KAUL ist taz-Redakteur für Bewegung und Politik von Unten.
Am helllichten Tag stürmen zehn vermummte Neonazis auf Gewerkschaftsjugendliche los, mit Stöcken in der Hand.
Wieder andere werden von Rechten krankenhausreif geprügelt, weil einer von ihnen ein Friedenssymbol auf dem Pullover trägt. All dies allein in Greifswald, an diesem Wochenende. Die Rechten haben die Kampfzone ausgeweitet.
Ihr Kampf um die Straße hatte sich zuletzt vor allem auf das Demo-Areal bezogen. Neonazis wollten demonstrieren, alle anderen sie blockieren.
Nachdem die Rechtsextremen diesen Kampf oft verloren haben, "befreien" sie die deutschen Straßen nun mit aller Gewalt. Das Gerede darüber, ob bei den Maifestspielen am Wochenende in Hamburg und Berlin eine Hausfassade mehr oder weniger beschmiert wurde, ist vor diesem Hintergrund völlig belanglos.
Richtig auf die Fresse gibts im Dunkeln. Und diese Dunkelheit muss neu ausgeleuchtet werden.
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