Kommentar Qimonda: Das nächste Rettungspaket?

Richtig war es, Qimonda nicht um jeden Preis mit Steuergeldern zu retten, wenn schon der Mutterkonzern Infineon dafür zu feige war.

Schon am Donnerstag schrillten die Alarmglocken: Die Landtagsdebatte zum IT-Standort Sachsen wurde abgesetzt. Am Freitagvormittag überbrachte dann Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) dem Landtag die Hiobsbotschaft von der Qimonda-Insolvenz. Für eine kurze Aussprache unterbrach der Landtagspräsident da sogar die Tagesordnung.

Ein Tag der langen Gesichter in Dresden. Die vorläufige Pleite eines der beiden Hochglanzunternehmen des "Silicon Saxony" ist ein schwerer Schlag für das Image Sachsens und seiner Landeshauptstadt. Kurt Biedenkopfs in den 90er-Jahren mit Milliardensummen geförderte Leuchtturmpolitik erweist sich als eine fragwürdige Strategie. Ahnte man nichts von der Abhängigkeit der Speicher- und Prozessorproduktion von den sogenannten Schweinezyklen? Glaubte man wirklich an einen ewigen Autoboom?

Gerade diese beiden Hauptstandbeine wackeln nun heftig. Klein- und mittelständische Firmen erweisen sich dagegen als weniger krisenanfällig. Auch Dresdens Selbstverklärung als ostdeutsche Boomtown bekommt einen Dämpfer, nachdem das Image schon durch den Streit mit der UNESCO um die Waldschlösschenbrücke gelitten hat. Jede Schadenfreude verbietet sich aber allein schon wegen der 3.200 Arbeitsplätze im Dresdner Qimonda-Hauptwerk. Fraglich, ob diese hochqualifizierten Experten in Ausgründungen und in der Region eine Existenz finden werden. Es wäre auch schade um die neue Buried-Wordline-Technologie, mit der Qimonda im gnadenlosen weltweiten Sprint um Märkte wieder an die Spitze wollte.

Richtig war es, Qimonda nicht um jeden Preis mit Steuergeldern zu retten, wenn schon der Mutterkonzern Infineon dafür zu feige war. Mit einem Angebot von 150 Millionen Euro ging der Freistaat an seine Grenzen. Eine prinzipielle Frage bleibt, ob das kleine Sachsen überhaupt im internationalen Subventionswettlauf dieser Branche mitrennen sollte. Die EU als Ganzes müsste klären, wie wichtig ihr ein Chip-Standort Europa ist. Dann allerdings hätten die Giganten AMD oder Infineon gleiche Ansprüche auf Rettungspakete wie die Banken oder die Automobilindustrie.

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Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.

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