Kommentar Pudel-Club: Recht auf Lässigkeit
Im Grunde hat sich nichts verändert - außer dass ein Riss, der vorher unsichtbar verlief, nun sichtbar nach außen getreten ist. Das geht in Ordnung.
D er Pudel gespalten, die Elbphilharmonie des Herzens, zerbrochen! Wer nun das große Gejammer anstimmen will, sollte bedenken, dass der Pudel im Grunde schon gespalten war, bevor das Hickhack ums Café begann.
Denn seit jeher stand der Pudel für das große Dagegen, und zugleich für ein Mitspielen, das der Faszination seines Gegenstands, der bürgerlichen Welt und ihrer Regeln, immer auch ein Stück weit erlegen war. Dafür reicht es, sich an die große Geburtstagsgala im letzten Dezember zu erinnern, auf Kampnagel, nicht etwa in der Roten Flora.
So gesehen hat sich nichts verändert - außer dass ein Riss, der vorher unsichtbar verlief, nun sichtbar nach außen getreten ist. Das geht in Ordnung. Schade wäre es erst, wenn sich beide Seiten einmauerten, und wir uns als Besucher immer, wenn wir das Gebäude beträten, fragen müssten: oben oder unten, richtig oder falsch, gut oder böse. Denn dass sich der Pudel zurecht die "Elbphilharmonie des Herzens" nennen kann, hat auch damit zu tun, dass der Club die Lässigkeit so großschrieb, und die verträgt sich nicht mit strengen Unterscheidungen.
Denn Lässigkeit hat immer auch was mit Nachlässigkeit zu tun. Und die Anerkennung der Nachlässigkeit setzt uns ins Recht, nicht immer alles richtig machen zu müssen. Auch der Pudel muss das nicht. Er darf auch mal Gentrifizierer sein.
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