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Kommentar Private AltersvorsorgeKeine Zinsen, keine Vorsorge

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Eine Studie zum Vorsorgeverhalten zeigt: Die Vorschläge junger Unionspolitiker zur Alterssicherung sind ein weiterer Sargnagel für das Rentensystem.

D ie hiesige Bevölkerung legt nicht mehr, sondern weniger Geld für ihre private Altersvorsorge zurück, ergibt eine Studie der Postbank. Der Versuch der Politik, die Altersvorsorge mehr und mehr in den privaten Bereich zu verschieben, hat offenbar nicht funktioniert.

Die Leute handeln dabei aber keineswegs leichtsinnig, sondern durchaus rational. Inzwischen hat sich herumgesprochen hat, dass „riestern“ viel zu hohe Gebühren verschlingt und niedrige Erträge bringt. Andere private Sparformen sind nicht besser.

Bundesschatzbriefe etwa bringen derzeit für die ersten Jahre null Prozent Zinsen, angesichts der Inflation bedeutet das: Wer heute sein Geld auf die hohe Kante legt, dessen Vermögen verliert unter Umständen allmonatlich an Kaufkraft.

Bild: Archiv
Barbara Dribbusch

ist Redakteurin für Gesellschaftspolitik im Inlandsressort der taz. Zu Altersfragen erschien von ihr vor kurzem das Buch „Älter werden ist viel schöner, als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten“ (Mosaik 2012).

Die Sparmotivation erlahmt erst recht durch die Tatsache, dass jeder zurückgelegte Euro später mit der Grundsicherung im Alter verrechnet wird, wenn die kleine Rente für ein auskömmliches Leben nicht reicht. Kein Wunder also, dass jetzt die jungen Abgeordneten der Union und FDP mit einem scheinbar pragmatischen Vorschlag aufwarten: Danach sollen Leute, die im Alter aufstockende Grundsicherung bekommen werden, von ihrem selbst Ersparten, also dem Geld aus einer privaten Rentenversicherung, wenigstens einen Freibetrag von 100 Euro im Monat behalten dürfen. 100 Euro sind nicht ganz zufällig auch der Freibetrag für erwerbstätige Hartz-IV-Empfänger.

Mit diesem Vorschlag wird eine Lösung für die KleinrentnerInnen nicht mehr über das gesetzliche Rentensystem gesucht. Die Jungpolitiker basteln stattdessen nur noch an Überlebenshilfen für künftige Grundsicherungsempfänger, die privat Geld beiseitelegen konnten. Die Glaubwürdigkeit des verpflichtenden Rentensystems wird damit weiter unterminiert.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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4 Kommentare

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  • S
    Syndikus

    Es ist besser,den Zockerbuden nicht mehr zu vertrauen. Vertrauen wäre gut,aber die Zweifel wachsen. Dank der Schröder-Gang!

  • FZ
    Fauler Zauber

    Private Altersvorsorge ist ein lukratives Geschäft für Versicherungen und deren Agenten. Und indirekt eine Versicherung für die Nebeneinkünfte der Politiker bei denselben- -die müssen ja schließlich auch für ihre Zugeständnisse bezahlt werden. Sollte jemand Geld übrig haben, so wäre es doch besser,er würde den Grundbetrag für die Rentenversicherung auf sein eigenes gesetzliches Rentenkonto einzahlen. Oder alle müssen einzahlen nach dem Schema Schweiz-,oder eine Grundsicherung für alle über '50' nach dem Vorbild Niederlande. Alles andere ist Flickschusterei und dient einer Klientel, aber nicht dem Rentner.

  • EE
    Ernst Ellert

    Tja, und Lebensversicherer mit Überschussbeteiligung werden den Empfängern in einigen Jahren erzählen, das sie 2012 ihren Pflichtanteil an Staatsanleihen zur Anlagensicherung in Deutschen Staatsanleihen mit 0% Rendite angelegt haben...

     

    Semper Servus

  • D
    Detlev

    Der Vorschlag der jungen Wilden ist ein lächerlicher Versuch, die private Vorsorge wieder ins Spiel zu bringen. Aber dazu wäre eben eine andere Priorität notwendig gewesen: Weg von der normal-bis-gut verdienenden Familie mit zwei Kindern, hin zu schlecht verdienenden oder zeitweise arbeitslosen Menschen oder Familien. Und bisher gilt der CDU (wie der SPD) diese Gruppe ja zurecht als verarmt und bestraft vom Leben.

     

    Diese Haltung hat Ursula von Leyn sogar bei der Vorstellung des Reichtumsberichts benutzt und darauf verwiesen, wie gut und toll Sachleistungen denn seien, sprich Anträge und möglichst hohe Hürden für Arme, um in den Genuss irgendeiner Sozialleistung zu kommen. Kommts zur Verarmung der Alten und es gibt weiterhin noch Riester und Hartz, dann sieht das Alter eben auch so aus: Nix wie hin und Anträge stellen, Dokumente ranschaffen, Wertsachen verkaufen verstecken, Bargeld bunkern. Nur das Alleine wird's nicht sein.

     

    Denn Dank der SPD und Walter Riester besteht so ein fulminantes Durcheinander in Sachen Vorsorge, Rente und Armut, dass es aber auch andere Menschen betrifft und betreffen kann. Eine Erziehungsauszeit, ein 400-EURO-Job für fünf Jahre, eine Teilzeitstelle, die Kündigung mit 55 oder 59 und schwub, ist der Normalmensch Teil des Altersverarmens und das kommt zwar nicht gut bei Parteien, die meinen sie seien sehr breit aufgestellt, mithin Volksparteien, aber bringt sie der Erkenntnis oofenkundig auch nicht näher, so dass ihre Lösungen eben keine sind und auch in diesem Zustand verstanden werden. Nun fehlt noch die SPD mit ihrem neuen Kandidaten, der gut und gerne das 20 oder 40-fache des Hartz-Satzes mit zwei Stunden-Vorträgen verdienen konnte.