Kommentar Private Altersvorsorge: Keine Zinsen, keine Vorsorge
Eine Studie zum Vorsorgeverhalten zeigt: Die Vorschläge junger Unionspolitiker zur Alterssicherung sind ein weiterer Sargnagel für das Rentensystem.
D ie hiesige Bevölkerung legt nicht mehr, sondern weniger Geld für ihre private Altersvorsorge zurück, ergibt eine Studie der Postbank. Der Versuch der Politik, die Altersvorsorge mehr und mehr in den privaten Bereich zu verschieben, hat offenbar nicht funktioniert.
Die Leute handeln dabei aber keineswegs leichtsinnig, sondern durchaus rational. Inzwischen hat sich herumgesprochen hat, dass „riestern“ viel zu hohe Gebühren verschlingt und niedrige Erträge bringt. Andere private Sparformen sind nicht besser.
Bundesschatzbriefe etwa bringen derzeit für die ersten Jahre null Prozent Zinsen, angesichts der Inflation bedeutet das: Wer heute sein Geld auf die hohe Kante legt, dessen Vermögen verliert unter Umständen allmonatlich an Kaufkraft.
Die Sparmotivation erlahmt erst recht durch die Tatsache, dass jeder zurückgelegte Euro später mit der Grundsicherung im Alter verrechnet wird, wenn die kleine Rente für ein auskömmliches Leben nicht reicht. Kein Wunder also, dass jetzt die jungen Abgeordneten der Union und FDP mit einem scheinbar pragmatischen Vorschlag aufwarten: Danach sollen Leute, die im Alter aufstockende Grundsicherung bekommen werden, von ihrem selbst Ersparten, also dem Geld aus einer privaten Rentenversicherung, wenigstens einen Freibetrag von 100 Euro im Monat behalten dürfen. 100 Euro sind nicht ganz zufällig auch der Freibetrag für erwerbstätige Hartz-IV-Empfänger.
Mit diesem Vorschlag wird eine Lösung für die KleinrentnerInnen nicht mehr über das gesetzliche Rentensystem gesucht. Die Jungpolitiker basteln stattdessen nur noch an Überlebenshilfen für künftige Grundsicherungsempfänger, die privat Geld beiseitelegen konnten. Die Glaubwürdigkeit des verpflichtenden Rentensystems wird damit weiter unterminiert.
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