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Kommentar Polizisten im StadionMillionäre in kurzen Hosen

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Polizeieinsätze in Fußballstadien sollten auch künftig aus dem Steuerhaushalt bezahlt werden. Schließlich handelt es sich um Amüsement der Allgemeinheit.

S ollen die Fußballvereine künftig die Polizeieinsätze rund ums Stadion bezahlen? Die Polizeigewerkschaft hat jetzt die Erstattung von 50 Millionen Euro pro Saison gefordert. Bisher zahlten diese Summe die Steuerzahler, "um Jungmillionäre in kurzen Hosen zu schützen", so die Gewerkschaft.

Bild: privat

Christian Rath ist Korrespondent für Rechtsfragen bei der taz.

Die Forderung befremdet, vor allem aus dem Mund von Polizisten. Natürlich muss die Polizei auch Reiche schützen, und auf die Länge von deren Hosen kann es erst recht nicht ankommen. Tatsächlich dient der Polizeieinsatz auch weniger dem Schutz der Profis, sondern vor allem der Verkehrsregelung und der Kontrolle von Hooligans, die sonst auf andere Hooligans oder normale Fans losgehen. Es geht also um Aufgaben, die ein normaler Sicherheitsdienst gar nicht erledigen dürfte. Schon dies zeigt, dass es hier um eine Aufgabe der Polizei in der Öffentlichkeit geht.

Die Fußballvereine verweisen gerne darauf, wieviel Steuern sie zahlen. Doch als Argument gegen die Forderung der Polizeigewerkschaft genügt das nicht. Schließlich zahlt auch der Falschparker Steuern und muss trotzdem die Kosten ersetzen, wenn sein Fahrzeug abgeschleppt wird. Und auch der Energiekonzern zahlt Steuern und muss trotzdem die polizeiliche Sicherung bezahlen, wenn eine neue Turbine per Schwerlasttransporter angeliefert wird. Es geht also um eine politische Entscheidung, wo sich der Staat Polizeieinsätze bezahlen lässt und wo nicht.

Und bei Fußballspielen, Rockkonzerten und ähnlichen Großveranstaltungen spricht vieles dafür, dass es bei der Finanzierung der Polizeikosten aus dem Staatshaushalt bleibt. Denn solche Veranstaltung dienen vor allem dem Amüsement der Allgemeinheit - egal ob der Veranstalter ein börsennotierter Fußballkonzern oder eine gemeinnützige Stiftung ist. Fußballspiele und Rockkonzerte tragen zum Geschäft, zur Lebendigkeit und oft auch zur Identität von Städten und Regionen bei. Da sollte die öffentliche Hand nicht kleinlich jeden Cent abrechnen, zumal die Übernahme der Polizeikosten eine historisch gewachsene Subvention darstellt.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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2 Kommentare

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  • C
    ChrisK

    Zwar nimmt der Fußballbund keine "Milliarden" für die Übertragungsrechte ein, aber die Initiative der Polizei sollte doch als wichtiger Denkanstoß genommen werden, um "historisch gewachsene Subventionen" zu überprüfen.

    Das Argument des gemeinnützigen Interesses kann ich zwar nachvollziehen, dennoch würde ich die Verein, die inzwischen alle wohl funktionierende Unternehmen geworden sind, nicht ganz aus der Verantwortung lassen. Der Blick nach England zeigt einen gesunden Mittelweg: Dort bezahlen die Vereine alle Einsatzkosten, die im Stadion und in dessen direkter Umgebung anfallen, den Rest übernimmt der Staat. Das führt meist zu einer fairen Teilung der Kosten (s. Independent von heute).

    Eine solche Lösung erscheint mir auch hierzulande angebracht, denn sie würde die Subvention der verstärkten Kommerzialisierung des Fußballs anpassen.

  • VV
    von Viereck

    Da teile ich ganz die Meinung des Herrn Polizeigewerkschaftsvorsitzenden. Diese Fussballkinder in kurzen Hosen sollen gefälligst selbst für ihre Sicherheit sorgen, wenn sie sich in so einen gefährlichen Sport begeben. Der Fussballbund nimmt übrigens auch miliardenn an Euros ein für Übertragungsrechte usw, die können das also locker selber bezahlen. Für diese ganzen Abzocker jetzt auch noch weitere Steuergelder, neben den Zuschüssen für die Vereine und Steuerfreiheit derselben, aufzuwenden, also irgendwann muss mal Schluss sein. Brot und Spiele, bitteschön, das war im Altertum, als die Leute nichts hatten, ausser das sie Sklaven waren...