Kommentar Plagiator Bushido: Haltet den Depp!
Bushido wurde des vielfachen Diebstahls von geistigem Eigentum überführt. Ein Abgesang.
B ERLIN taz Was in der Branche schon lange als offenes Geheimnis gehandelt wurde, ist seit Dienstag endlich aktenkundig: Der Rapper Bushido hat über Jahre so viele seiner Songs ganz ordinär aus musikalischen Versatzstücken anderer Künstler zusammengeschraubt, dass sich schwer tut, wer überhaupt etwas Originäres in dieser Musik entdecken will.
2007 gabs deswegen schon eine rechtliche Auseinandersetzung mit der norwegischen Band Dimmu Borgir, am Dienstag kam es dann knüppeldicke: Die französische Gothic-Band Dark Sanctuary hatte Bushido in einem Zivilprozess verklagt, weil er unerlaubt gleich 16 Titel von ihr verwendet und als seine eigenen ausgegeben hatte. Das Landgericht Hamburg verurteilte den 31-jährigen Musiker nun zur Zahlung von 63.000 Euro Schadensersatz. Überdies ordnete es an, elf Tonträger müssten aus dem Verkauf genommen und geschreddert werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine außergerichtliche Einigung aber unwahrscheinlich. Peinlich, zumal Bushido selbst eifersüchtig über seine Rechte wacht.
Nun gehört das Sample, der Loop, also die "urheberrechtlich geschützte Tonfolge" im Hiphop nicht nur zum guten Ton, sondern ist konstitutiv für das ganze Genre. Die größten Fans von Bushido sitzen ohnehin im bürgerlichen Feuilleton, wo man Geschichten vom "bösen Jungen" liebt, der "es schaffen kann, wenn er sich nur richtig anstrengt" – auch wenn der bürgerliche Junge nicht "von unten" kommt, sondern aus einem Gymnasium in Berlin-Tempelhof. Homophobie, Rassismus und Frauenfeindlichkeit werden dann zugunsten der rührenden Karriere gerne mal als "gossenlyrischer Realismus" durchgewunken und sanktioniert – von exakt denselben Leuten, die auch im Fall einer Helene Hegemann nicht von Diebstahl sprechen, sondern lieber vornehm über "Intertextualität" schwadronieren. Seis drum.
Wirklich seltsam ist, dass sich der "Rapper" Bushido offenbar mit Vorliebe ausgerechnet bei absolut Hiphop-fernem Kitsch-Metal mit satanischem Einschlag bedient hat. Uncooler gehts nun wirklich nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht