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Kommentar Papst in USAMission durch Selbstkritik

Kommentar von Adrienne Woltersdorf

Was Papst Paul seinerzeit nicht anging, machte nun Benedikt: Er sprach die Missbrauchsskandale in den USA an. Denn die lasteten schwer auf dem Image der größten US-Kirche.

D ie sechstägige Reise Papst Benedikts in die USA stand ganz unter dem Motto der Reparatur. Was sein Vorgänger, Karel Wojtyla, nicht angemessen anfassen wollte, musste Joseph Ratzinger nun endlich angehen. Und er hat sie zur Überraschung aller demonstrativ angesprochen - die pädophilen Missbrauchsskandale. Bisher mussten die Täter kaum je mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Vielen Bischöfen war nicht daran gelegen, öffentlich über MIssbrauch in der Kirche zu sprechen.

Bild: taz

ADRIENNE WOLTERSDORF ist USA-Korrespondentin der taz.

Der neue Pontifex hat sich während seines USA-Besuchs auf eigenen Wunsch mit einigen Opfern getroffen - ein Zeichen, das seine knapp 200 Bischöfe nun zu Sanktionen nötigen wird. Ein Kardinal deutete bereits an, dass das entsprechende kanonische Recht eventuell geändert würde. Was genau der Papst im Sinn hat, ist allerdings noch unklar.

Der Papst hat die Heilung seiner Kirche in den USA ganz offensichtlich in den Mittelpunkt seiner Mission gestellt. Die Zahlen legen nahe, warum dieses Anliegen Priorität haben musste: Die katholische Kirche in den USA ist dort zwar mit rund 65 Millionen Gläubigen noch immer die größte Einzelkirche. Allerdings leidet keine US-Kirche so sehr unter Abwanderung. Sechs von zehn Gläubigen wurden als Katholiken getauft - und wandten sich dann anderen Kirchen zu. Gäbe es die Migranten aus Lateinamerika nicht, wäre die Kirche schon heute auf einen traurigen Haufen zusammengeschrumpft.

Gleichzeitig hat der Papst in den USA eine neue religiöse Perspektive ausgemacht. Anders als das säkulare Europa sind die Amerikaner tief religiös. In der katholischen Kirche gibt es zwar viele schwarze Schafe - aber immerhin noch Schafe. So waren die übrigen päpstlichen Botschaften an das Weiße Haus und die UN eher sanft gehalten und vatikanische Standardrhetorik. Keine Rede von Guantánamo oder dem Irakkrieg. Als Ort der Hoffnung und der Freiheit lobte Benedikt ein ums andere Mal die US-Gesellschaft. Das hat der verunsicherten Nation gut gefallen - und dürfte der Kirche, trotz der notwendigen Selbstkritik, neuen Aufschwung geben.

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