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Kommentar Ortstafelstreit KärntenEndlich europäische Normalität

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Zweieinhalb Jahre nach Haiders Unfalltod ist es gelungen, einen Kompromiß um die Ortstafeln auszuhandeln, mit dem alle leben können. Der Verständigungsprozess hat gefruchtet.

J edes Jahr am 10. Oktober wird in Kärnten der Jahrestag der Volksabstimmung von 1920 gefeiert, in der sich die Bevölkerung des gemischtsprachigen Gebiets in Unterkärnten für den Verbleib bei Österreich aussprach. Mitglieder des Abwehrkämpferbundes und anderer Heimatverbände marschieren dann in ihren Trachten in grimmer Haltung auf, als gälte es noch, slawische Kommunisten über die Grenze zu treiben.

Die Vehemenz, mit der der Konflikt um ein paar Dutzend Ortstafeln geführt wurde, war noch erklärbar, solange ehemalige slowenische Partisanen und Veteranen des Abwehrkampfes einander Verrat und Blutvergießen vorwerfen konnten. Heute sind nur mehr ganz wenige am Leben. Dass trotzdem bis zuletzt noch mit ethnischen Ressentiments Stimmung gemacht werden konnte, ist das zweifelhafte Verdienst von Jörg Haider, der als begnadeter Populist auf das Schüren von Emotionen setzte.

Jetzt ist es also, zweieinhalb Jahre nach Haiders Unfalltod, gelungen, einen Kompromiß um die Ortstafeln auszuhandeln, mit dem alle leben können. In Kärnten wird künftig europäische Normalität gelebt werden können. Das ist nicht nur deshalb möglich geworden, weil Jörg Haider sich nicht mehr querlegen kann. Auch Gerhard Dörfler, sein Nachfolger als Landeshauptmann, hatte auf Polarisierung gesetzt, um die Stimmen der deutschsprachigen Mehrheit zu binden. Dörfler hat aber erkannt, dass diese Politik nicht mehr mehrheitsfähig ist.

Bild: privat

Ralf Leonhard ist Korrespondent der taz in Österreich.

Seit Jahren läuft ein von Vermittlern wie dem Institut für integrative Konfliktbearbeitung (IICP) in Wien betriebener Verständigungsprozess, in dem zunächst Marjan Sturm, einer der wichtigsten Slowenenvertreter, und Josef Feldner vom Kärntner Heimatdienst einander näher kamen und das Kriegsbeil begruben. Schließlich konnte auch der deutschnationale Abwehrkämpferbund seine Parolen nicht mehr rechtfertigen und die slowenischen Kärntner rückten von ihren Maximalforderungen ab. Die Politiker, die sich jetzt feiern lassen, mussten nur mehr die Ernte einfahren.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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3 Kommentare

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  • R
    Rheinstein

    Soso, was lernen wir?

     

    "Populisten" sind alle diejenigen, die eine breite Unterstützung im Volke genießen.

     

    "Nicht-Populisten" sind diejenigen, die ihre verqueren Großwirtschaftsinteressen auch gegen den Willen des Volkes durchsetzen und sich dabei nicht einmal schämen, sondern sich mit "Sachzwängen" herausreden.

     

    Ich stehe nicht "rechts", aber ich weiß nicht, was mir lieber ist.

     

    Die, die mich laufend belügen und täuschen und mir diejenigen, deren Volkes Wille wirklich etwas bedeutet, als "Populisten" schlechtmachen wollen.

     

    Oder aber eben die Letzteren... die "Populisten".

  • S
    Silver

    Und wie sieht der Kompromiss jetzt aus?

  • DW
    du waplla

    ahnungsloser schmierfink unnedicha