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Kommentar Opel-KriseWahlkampf der Retter

Kommentar von Stefan Kosch

Es wird nicht bei den Hilferufen aus Rüsselsheim bleiben. Schließlich rutscht die Welt in eine Rezession. Um hier souverän zu bleiben, müssen schnell Kriterien festgelegt werden.

Ein absurder Wettlauf der Retter: Gleich zwei Minister und eine Kanzlerin laden nacheinander zum Opel-Gipfel. So viel Interesse der Mächtigen mag Konzernführung und Belegschaft vordergründig beruhigen. Gleichzeitig könnte die Profilierungssucht der Wahlkämpfer, die ja einst bei Schröders Einsatz für Philipp Holzmann auch nur kurzfristigen Erfolg hatte, dem Unternehmen mehr schaden als nützen. Denn wenn öffentlich über die Kreditwürdigkeit diskutiert wird, dürfte dies Banken oder Kunden eher abschrecken.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Opel Bürgschaften vom Staat bekommt. Denn der Generalvorwurf, dass die deutschen Automobilbauer nur große, durstige und teure Modelle bauen können, greift bei Opel nicht. Nach der letzten großen Krise hat das Unternehmen seine Modellpolitik verbessert. Opel ist zwar immer noch kein Ökoweltmeister, stellt aber zumindest bei den Kleinwagen und Vans sparsame und praktische Autos her. Die Krise ist diesmal nicht hausgemacht, und für das Fehlverhalten von Müttern können die Töchter nichts, das ist auch bei Opel und General Motors so.

Aber es wird ja nicht bei den Hilferufen aus Rüsselsheim bleiben. Schließlich rutscht die Welt in eine Rezession. Weitere Autohersteller werden folgen und staatliche Hilfen fordern, nicht zu vergessen die Zulieferer und auch deren Lieferanten, die für medienwirksame Rettungsaktionen oft zu klein sind. Der exportabhängige Maschinenbau wird ächzen, die vom Inlandskonsum lebenden Produzenten und Händler dürften spätestens nach Weihnachten die Folgen der Rezession spüren.

Wem soll der Staat mit Steuermitteln wie helfen? Um hier souverän zu bleiben und nicht jedes Mal so chaotisch zu reagieren wie jetzt bei Opel, müssen schnell Kriterien festgelegt werden. Die Krise lässt sich nutzen, um die Unternehmenspolitik finanziell, sozial und ökologisch nachhaltiger zu machen. Dabei sind Managementgehälter ebenso ein Thema wie das Produktdesign oder Arbeitsplatzgarantien. Wer sich mit der werbewirksamen Rolle des Feuerwehrmannes zufrieden gibt, wird diese Fragen nicht stellen. Wer langfristig Brände verhindern will, kommt um sie nicht herum.

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