Kommentar Offshore-Windpark: Frischer Wind aus der Provinz
Nach der Liberalisierung des Strommarktes blieb das große Stadtwerke-Fressen der Konzerne aus. Ihr Erfolgsrezept: Sie propagieren eine andere, umweltverträglichere Energiepolitik.
E ine Gruppe von Stadtwerken baut einen großen Windpark auf See. So kann man sich irren! Denn als im April 1998 der Strommarkt liberalisiert wurde, prophezeiten viele Experten ein Sterben der Stadtwerke. Nur ein Bruchteil der 900 Stromversorger im Land sollte übrig bleiben, glaubten sie.
Das große Stadtwerke-Fressen der Konzerne blieb jedoch aus - im Gegenteil, seither gründeten Kommunen sogar wieder eigene Werke. Ihr Erfolgsrezept: Sie propagieren eine andere, umweltverträglichere Energiepolitik und genießen damit ein besseres Renommee als die Konzerne - und das bringt ihnen Markterfolge. Solche Zusammenhänge hatten die Branchenpropheten damals offenbar nicht auf dem Plan.
Gleichwohl kommt der Aufbau eigener Erzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien bei den Stadtwerken zu langsam voran. Und deswegen ist es ein erfreuliches Signal, wenn nun der Stadtwerkeverbund Südweststrom ein entsprechendes Milliardenprojekt stemmt. Dass Unternehmen gemeinsam etwas auf die Beine stellen, wozu sie allein niemals in der Lage wären, zeigt, dass sich etwas bewegt in der Stromwirtschaft.
Bernward Janzing schreibt für die taz über Energiepolitik und Klimaschutz.
Die Entwicklung kann noch viel weiter gehen. Gespannt wartet die Branche derzeit darauf, welchen energiepolitischen Kurs die Thüga - ein anderer Stadtwerkeverbund - künftig einschlagen wird. Denn das Unternehmen konnte sich jüngst von seiner Mutter Eon lösen und ist nun der nächstgrößte Versorger nach den vier Atomstromern.
Ob Südweststrom oder Thüga - die Stadtwerke haben heute das Potenzial und auch das Selbstbewusstsein, die Stromwirtschaft aufzumischen. Der nun beschlossene Windpark "Ocean Breeze" könnte die erste Brise einer Entwicklung sein, die sich zu einem Sturm auswächst. Wenn nur genügend Stadtwerke es wirklich wollen.
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