Kommentar Österreichs Energiewende: Atomfreie Verbündete
Atompolitisch ist Wien ein entscheidender Verbündeter Deutschlands. Symbolpolitik kann manchmal ganz schön hilfreich sein.
K lingt gut: In Österreich soll bald kein Atomstrom mehr verkauft werden. Ab 2013 gilt dies für Privatkunden, ab 2015 auch für die Industrie. Mit Energiewende hat das trotzdem nichts zu tun, es ist pure Symbolik. Denn es geht allein um die formale Deklaration des Strommixes. Kaufen die Österreicher in Zukunft große Mengen Wasserkraftstrom – zum Beispiel aus der Schweiz – , dann können sie sich zwar formal frei von Atomstrom fühlen, im Gegenzug steigt rechnerisch aber der Atomstromanteil im Herkunftsland.
Viel entscheidender ist daher die Frage, was Österreich tut, um die erneuerbaren Energien auszubauen. Denn die Stromerzeugung reicht derzeit nicht aus, um den eigenen Bedarf zu decken. 2011 hatte Österreich einen Importüberschuss von 8,2 Milliarden Kilowattstunden – während Deutschland trotz Abschaltung von fast der Hälfte seiner AKW noch immer auf einen Exportüberschuss von 6 Milliarden Kilowattstunden kam.
Der Unterschied rührt daher, dass Deutschland die Nutzung regenerativer Energien deutlich engagierter vorangetrieben hat. Aber: Österreich will aufholen – und das ist nun die wirklich gute Nachricht aus Wien. Vor allem die Windkraft soll und wird durch das im Jahr 2011 novellierte Ökostromgesetz profitieren: Die Windbranche rechnet damit, die Kapazität von zuletzt 1100 Megawatt allein im Jahr 2012 um ein sattes Drittel erhöhen zu können, bereits 2015 will das Land vom Stromimporteur zum -exporteur werden.
ist Autor der taz.
Für Deutschland steckt dahinter eine wichtige Botschaft: Atompolitisch ist Wien ein entscheidender Verbündeter. Das ist zwar keine grundsätzlich neue Erkenntnis, aber die aktuelle Entscheidung rückt sie wieder ins Blickfeld – womit sich zeigt, wie hilfreich Symbolik manchmal sein kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Ineffizienter Sozialstaat
Geteilte Zuständigkeiten
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Europarat beschließt neuen Schutzstatus
Harte Zeiten für den Wolf