piwik no script img

Kommentar ÖlpreiseAhmadinedschads Schadenfreude

Kommentar von Bahman Nirumand

Auch der Iran bleibt von der Wirtschaftskrise nicht verschont: Der Ölpreis sinkt rapide und stellt den Staat jetzt vor einen Haufen Probleme.

D ie politische und wirtschaftliche Isolation Irans führte dazu, dass das Land von der weltweiten Wirtschaftskrise mehr oder weniger verschont blieb. So kam es, dass das allgemeine Zittern und Bangen in den Metropolen der Weltwirtschaft bei der Teheraner Staatsführung eher ein Gefühl der Schadenfreude auslöste. Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad sprach von der Strafe Gottes gegen jene Länder, die mit unbegrenzter Arroganz meinten, mit ihrem Finanzgebaren die Welt beherrschen zu können. Die Welt habe den Tod des Kommunismus erlebt, und nun sei der Neoliberalismus an der Reihe.

Doch wie es scheint, kommt auch die Islamische Republik nicht ungeschoren davon. Die rapide Talfahrt der Ölpreise in den letzten Wochen trifft die iranische Wirtschaft hart. Mahmud Bahmani, neuer Direktor der iranischen Zentralbank, warnte am Sonntag, der gegenwärtige Trend der Ölpreise werde die Einnahmen Irans aus dem Ölexport bis zum Jahresende um 54 Milliarden US-Dollar reduzieren und das Land vor große Probleme stellen.

Der rasante Anstieg der Ölpreise seit Anfang dieses Jahres hatte den Staat in einen Rausch versetzt. Das Regime leistete großzügig Spenden im Ausland, in Lateinamerika, Libanon, Palästina und anderswo. Für Luxusgüter und Nahrungsmittel wurden die Landesgrenzen weit mehr als bisher geöffnet. Zudem spendete Ahmadinedschad bei seinen häufigen Reisen in ärmere Gegenden des Landes Gelder an Bedürftige, das er ohne Kontrolle der Staatskasse entnahm. Dazu wurden Milliarden Devisen in die Landeswährung umgetauscht, was sich stark inflationär auf die Wirtschaft auswirkte.

Nun sind die Preise von 147 Dollar auf 73 Dollar pro Barrel gefallen und erschüttern das Land, das ohnehin seit 2005 in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt. Die großzügigen Spenden im In- und Ausland müssen eingestellt, der Import drastisch reduziert, die zügellose Korruption bekämpft und endlich Investitionen zugunsten der Entwicklung des Landes getätigt werden. Ob der mafiöse iranische Staat zu all dem fähig ist, bleibt mehr als fraglich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!