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Kommentar Obamas Buchenwald-BesuchGelungene Gesten

Kommentar von Christian Semler

An die Befreiung des KZ Buchenwald zu erinnern, war keine hohle Rhetorik des US-Präsidenten, sondern die Erklärung eines intensiven biografischen Zugangs.

B arack Obamas Besuch des KZ Buchenwald stellt eine Geste von großer Aussagekraft dar. Mit Buchenwald verbinden sich die Leichenberge ermordeter Häftlinge, auf die hier die Armee der USA im April 1945 stieß. Obama schilderte das Entsetzen, das seinen Großonkel beim Weg durch das Lager gepackt und lange nicht mehr losgelassen hat. Daran zu erinnern war keine hohle Rhetorik des Präsidenten, sondern die Erklärung eines intensiven biografischen Zugangs. Von Buchenwald geht für ihn eine Mahnung aus. Sie gilt allen Völkern, die in Gefahr sind, bei einem Konflikt "ihr gemeinsames Menschsein nicht mehr zu beachten".

Der amerikanische Präsident hatte tags zuvor an der Universität Kairo erklärt, den Mord an 6 Millionen Juden zu leugnen, sei "grundlos, ignorant und von Hass geprägt". Obama machte klar, dass der Mord an den Juden die amerikanische Politik auf die Verteidigung von Israels Existenzrecht verpflichtet. Buchenwald war Teil der NS-Mordmaschine, und der Besuch Buchenwalds wird von Obama in den Zusammenhang dieser Verpflichtung gebracht.

"Gemeinsames Menschsein" heißt für Obama aber auch, das Recht des palästinensischen Volkes auf einen Staat - einen bewohnbaren Staat - zu verteidigen und die amerikanische Politik praktisch auf dieses Ziel zu konzentrieren. Gerade weil Obama an die Schoah erinnert und Israels Daseinsrecht verteidigt, kann er sich intensiv für die Zwei-Staaten-Lösung einsetzen. Wie kein amerikanischer Präsident vor ihm legt er beim arabisch-israelischen Konflikt an die Konfliktparteien die gleiche Elle an. Er stellt Forderungen an beide Parteien. Und er unterscheidet klar zwischen den grundlegenden Prinzipien der amerikanischen Politik und der Beurteilung der gegenwärtigen verständigungs- und friedensfeindlichen Politik der israelischen Regierung.

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2 Kommentare

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  • JO
    Jürgen Orlok

    Die Obama-Mania ist wirklich weltweit. Es empfiehlt sich doch einige Blicke in die ziemlich linientreue US-Presse zu werfen ...

    Für mich sieht es so aus wie vor dem Irak-Krieg :

    In den USA war schon alles klar und offen ,

    in Deutschland wurde von der Presse vorgegaukelt natürlich wird es keinen Krieg geben.

    Eine politische Analyse von Obama, Juden, Israel, Palästinensern , Buchenwald und Iran würde zeigen, daß Obama gelernt hat, es braucht nicht nur eine Koalition der Willigen, sondern der Wollenden für die anstehenden Internationalisierungen von Konflikten.

    Zum Existenzrecht Israels.

    Entweder begründet der erfolgreiche Raubmord Eigentumsrechte

    oder

    ein Raubmnord bleibt ein Raubmord und müßte gesühnt werden.

    Ich wundere mich, daß nicht einmal hier ein Aufschrei erfolgt, daß die Existenz Israels zur Staatsraison erhoben wird.

    Die Umsiedlung der Israelis sollte für JEDEN, der im Rahmen der deutschen 'Kriegsschuld' den Verlust des deutschen Ostens anerkennt selbstvertändlich sein !

    Und die beliebte Vermengung von Juden und Israelis zeugt auch nicht gerade von analytischer Schärfe - ein sehr großer Mangel der 68er Generation !!

    Es war kein Befreungskrieg, der zur Gründung Israels führte. Es war ein gewöhnlicher Eroberungskrieg !

    Na ja, die TAZ wandelt sich halt mit ihrer Leserschaft ...

  • T
    t.s.

    >> Gerade weil Obama an die Schoah erinnert und Israels Daseinsrecht verteidigt, kann er sich intensiv für die Zwei-Staaten-Lösung einsetzen. Wie kein amerikanischer Präsident vor ihm legt er beim arabisch-israelischen Konflikt an die Konflikt-parteien die gleiche Elle an. Er stellt Forderungen an beide Parteien. Und er unterscheidet klar zwischen den grundlegenden Prinzipien der amerikanischen Politik und der Beurteilung der gegenwärtigen verständigungs- und friedensfeindlichen Politik der israelischen Regierung.

     

    Semler verwechselt die Juden mit dem Staat Israel. Er konstruiert aus dem unzweifelhaften Daseinsrecht von Juden ein Daseinsrecht für einen Staat, der seinerseits auf der Negation des 'Daseins' von Nichtjuden besteht. Er sieht eine Gleichsetzung in der Bewertung der 'Konfliktparteien' wo keine zu finden ist und ebnet dabei - en passant - den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Konfliktparteien ein. Er hält weiter an der Fiktion einer 'Zweistaatenlösung' fest, auf der längst hundertausende von Grabsteinen - in Form isr. Kolonialisten - stehen, so dass diese Lösung nur in einer Vier-Bantustan-Lösung enden kann.

     

    Semler ignoriert, dass sich die Politik der "gegenwärtigen" israelischen Regierung nicht um ein Jota von der vorangegangener unterscheidet.

    Und er ignoriert, dass die USA die israelische Politik nicht nur finanziert und protegiert sondern mittlerweile auch 1:1 kopiert hat: Besatzung, Bürgerkrieg, Vertreibung, Folter, extralegale Hinrichtungen und darüber selbstgeschaffene Marionetten-Regime. Was die Israelis in Palästina erschaffen haben, das erschafften die USA im Irak, in Afghanistan und demnächst in Pakistan.

     

    Aus Semler spricht entweder Blindheit oder Inkompetenz - vermutlich ist es beides: Opportunismus.

     

    Tatsächlich hat man das alles auch schon einmal in grauer Vorzeit gesehen, in Vietnam. Und damals dürfte Semler wohl dagegen protestiert haben, aber vermutlich erinnert er sich nicht mehr daran.