piwik no script img

Kommentar Neonazi-DemoJeder blamiert sich, so gut er kann

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

In einer Demokratie dürfen auch Rechtsradikale demonstrieren - so geschehen am Wochenende in Passau. Anstand haben die Neonazis leider nicht gezeigt.

Bild: taz

Christian Rath ist Korrespondent für Rechtsfragen bei der taz.

Die Versammlungsfreiheit ist ein Stück ursprüngliche und ungebändigte Demokratie, so das Bundesverfassungsgericht. Das klingt gut und wird gerne zitiert. Doch wer den Satz ernst nimmt, muss auch akzeptieren, dass sich - wie jetzt am Wochenende in Passau - Rechtsradikale und andere Wirrköpfe versammeln und kollektiv äußern können. NPD und Konsorten hatten gegen "Polizeiwillkür" bei den Ermittlungen nach der Messerattacke auf Passaus Polizeichef Alois Mannichl demonstriert.

Die Versammlung war zunächst von der Stadt verboten worden, doch das Regensburger Verwaltungsgericht hat das Verbot aufgehoben. Überraschend war das nicht, schließlich ist fast jedes Demonstrationsverbot unnötig. Meist geht es den Ordnungsämtern auch gar nicht um die Vermeidung von Straftaten - sondern nur darum, sich möglichst weit von den Demonstranten und ihren Aussagen zu distanzieren. Die Grundrechte durchzusetzen, das wird dann den Gerichten überlassen. Schon diese Form der Arbeitsteilung ist für einen Rechtsstaat ziemlich peinlich.

Noch bedenklicher war der Grund für das Passauer Verbot: Es sei eine Verhöhnung des Opfers Mannichl zu befürchten, wenn die Ermittlungen im NPD-Umfeld als "politisch motiviert" dargestellt werden. Tatsächlich triefen die Verlautbarungen der Rechten vor Häme, zumal der gesuchte Täter immer noch nicht gefunden ist. Aber man kann Häme in einer solchen Situation ja auch nicht einfach verbieten. Und immerhin ermittelt jetzt auch die Polizei "in alle Richtungen".

Wirklich widerlich war die Absicht der Demonstranten, Lebkuchen mitzuführen - eine Anspielung darauf, dass die Attacke auf Mannichl mit einem Lebkuchenmesser durchgeführt wurde. Deshalb hat das Verwaltungsgericht verboten, Lebkuchen auf die Demonstration mitzunehmen. Solche Auflagen sind gut gemeint, bringen aber nichts - außer einer Feixvorlage für die Rechten. Sollen die sich doch mit ihren widerwärtigen Späßen in aller Öffentlichkeit blamieren. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, Demonstranten Anstand beizubringen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • U
    UweRietmöller

    Bei der Demo, Verzeihung: beim Aufmarsch haben die Rechten „Nie wieder Israel“ gerufen. Das ist für mich der wichtigste Grund, diese Partei nicht zu wählen. Und das leider genau das, was Antifa an NPD & Co. nicht stört.

     

    Ansonsten könnten wir uns ruhig darauf besinnen, dass die BRD per Definition ein Rechtsstaat sein soll. Es ist ja wohl ein Unding, einer Partei einen Mord anzuhängen und das mit „die haben es eh verdient“ auch dann aufrecht zu halten, wenn denen nicht nur nichts nachgewiesen werden kann, sondern sogar nachweislich unschuldig sind.

    Das „zumal der Täter immer noch nicht gefunden ist“ kann man NPD & Co. nicht auch noch anhängen. Oder?

     

    Wenn „das Mitführen von Lebkuchen aller Art“ gerichtlich verboten wird, dann drängt sich unwillkürlich die Frage auf, wer in diesem Land eigentlich die Dumpfbacken sind.

     

    Im Übrigen haben die Rechten für diese Demo gerade mal 200 (in Worten: zweihundert) Anhänger mobilisiert. Kann mir mal jemand erklären, was der Grund für diesen Anti-NPD-Hype ist? „Passau wehrt sich“ titelten die Zeitungen gleichgesch..., äh, unisono. Tut mir leid Leute, bei diesem Zahlenverhältnis erinnert mich das verdammt an „Deutsche wehrt Euch, ...“

  • H
    Hartmut

    1000 Dummokraten hetzten gegen "rechts", und die taz mach fleißig mit. Unter diesen Umständen kann ich, als demokratisch gesonnener Mensch, dieses einst unabhängige Blatt nicht mehr länger unterstützen.

  • B
    Benny

    Eine Demo- bei der das Mitführen von Lebkuchen verboten war... - ich bin dafür, den Gebrauch und die Verwendung von Lebkuchen in Bayern grundsätzlich zu verbieten!!!!

    Wir machen uns so was von lächerlich in der Welt- das ist nicht zu fassen.

     

    Aber es ist ja doch noch nicht alles verloren in diesem, unserem Land, wenn endlich die Presse aufwacht und dieses unglaubliche Ermittlungskauderwelsch im Fall des Mannichl in Frage stellt.

    Siehe hier:http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Bayern/Artikel,-Neue-Ermittler-im-Fall-Mannichl-_arid,1437091_regid,2_puid,2_pageid,4289.html

     

    Und ich sage heute schon voraus- das End-Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen werden wir nie erfahren. Weil es nur Wasser auf die Mühlen der rechtsextremen Szene sein wird- nämlich ihre Entlastung.

  • K
    Krause

    Herr Rath, in der Sache gebe ich Ihnen recht. Gab es eigentlich in der TAZ auch einen entsprechenden Kommentar als sich die Antifa über den Tod deutscher Soldaten lustig gemacht hat.

  • KM
    klaus morbach

    liebe taz, ein dummer Kommentar, mit der Realität hat das nun wirklich nichts zu tun.

    Leute wie machtgeile Politiker, Gewerkschaft-Bonsen der Polizei sind verantwortlich, dass eine derartige Demonstration erst vor Gericht erstritten werden muss. Nach dem Hickhack der einseitigen Ermittlungen und unhaltbaren Vorverurteilungen ist es das Recht der NPD dagegen zu demonstrieren. Warum sollte das verboten werden? Ermittlungsbehörden, Politiker und Medien sind an dieser Situation mitschuldig und haben kein Recht diese Demo zu verurteilen. Politische Einäugigkeit fällt auf die einseitig Blinden zurück.