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Kommentar Nazi-SchulnamenAnne Frank statt Klaus Riedel

Wolf Schmidt
Kommentar von Wolf Schmidt

Mehr als 100 Schulen in Deutschland sind nach Nationalsozialisten benannt. Bessere Namenspaten wären zum Beispiel Holocaust-Opfer.

Bild: privat

Wolf Schmidt, geb. 1979, ist Redakteur im Inlands-Ressort der taz.

Wie kommen Schulen zu ihren Namen? Der Gemeinderat grübelt, die Stadthistoriker steigen in die Archivkeller, die Lehrerkonferenz debattiert und die Schüler wollen auch mitreden. Am Ende findet sich ein Namenspatron, von dem alle überzeugt sind - ein regionaler Dichter, ein Wissenschaftler oder ein NS-Widerständler. So stellt man sich das vor. Doch die Wirklichkeit sieht offenbar anders aus. Allein in Sachsen tragen 16 Schulen den Namen von NSDAP-Mitgliedern oder Personen, die dem mörderischen NS-System zumindest nahe standen, zeigt eine neue Studie. Mehr als 100 sollen es in ganz Deutschland sein.

Fassungslos macht vor allem, dass darunter mehrere Schulen sind, die sich erst in den vergangenen Jahren umbenannt haben. Wie kommt man auf die Idee, ausgerechnet den Namen einstiger Nazis oder NS-Sympathisanten an das Schultor zu schreiben? Und sie damit zu Vorbildern für heutige und kommende Generationen zu adeln? Das zeugt von einer Geschichtsblindheit, die man kaum für möglich gehalten hatte.

Eine Goebbels-Schule oder ein Himmler-Gymnasium sind natürlich heute undenkbar. Aber auch bei Personen, die sich nur zeitweise dem Nationalsozialismus anschlossen, hätte man erwarten können, dass sich die Kommunen damit befassen, wie tief diese im braunen Sumpf steckten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Viele Schulen und Gemeinden beschönigen, aus Absicht oder Unwissenheit, die Biografien der Namensgeber.

Nun werden es kritische Schüler, Eltern und Bürger richten müssen: Sie können recherchieren, welche Rolle die Schulpaten zwischen 1933 und 1945 gespielt haben, und können die Debatten in ihre Schulen, Gemeinden und Lokalzeitungen tragen. Und sie können so viel Wirbel veranstalten, bis die Schule ihren Namen ändert.

Es dürfte nicht so schwer sein, bessere Namenspaten zu finden. Vielleicht sollten die Gemeinden mal unter den Holocaust-Opfern Ausschau halten. In Sachsen tragen gerade einmal fünf deren Namen - die von Anne Frank und Janusz Korczak. Und das bei mehr als 2000 Schulen.

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Wolf Schmidt
Inlandsredakteur (ehem.)
Jahrgang 1979. War bis 2013 in der taz zuständig für die Themen Rechtsextremismus, Terrorismus, Sicherheit und Datenschutz. Wechsel dann ins Investigativressort der Wochenzeitung „Die Zeit“.
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2 Kommentare

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  • B
    Buster

    Ich kann dem Kommentar nur zustimmen, allerdings wäre es angebracht den letzten Satz nicht kommentarlos aus der Studie wiederzugeben. Es gibt meines Wissens einige Geschwister-Scholl-Schulen in Sachsen, eine "Erich-Mühsam-Berufsschule", mindestens eine Theodor Neubauer - Schule und so weiter und so fort. Damit soll nicht kleingeredet werden wie ignorant es ist NS-Sympathisanten zu Namensgebern zu erheben, aber so klein ist andere Seite nun auch nicht, auch wenn es ins Bild vom Osten passt.

  • K
    Kritiker

    Vielleicht möchte sich der Autor dieses Textes einmal die Mühe machen, die konkreten Einzelfälle kritisch (aber eben doch: journalistisch-distanziert und ergebnisoffen) unter die Lupe nehmen (also nicht derart grob reduktionistisch wie hier geschehen), um hierbei zu eruieren, WARUM Herr X und Herr Y und Herr Z als Namenspatron für die X-,Y- und Z-Schule fungieren. Ganz bestimmt nicht, weil das Hauptwerk ihres Lebens darin bestanden hat, einen Mitgliedantrag bei der NSDAP zu unterschreiben.