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Kommentar Naturkatastrophen und AtomDie verdrängte Gefahr

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Klar ist: Atomanlagen und ihre Hinterlassenschaften sind für Naturkatastrophen höchst anfällig. Diese Erkenntnis wird in der Praxis gern verdrängt.

D ie gegenwärtige Lage in Russland enthält alles, was zu einem Schreckensszenario dazugehört: Unbeherrschbare Naturgewalten treffen auf geheimnisvolle atomare Altlasten - und das in einem Staat, der für Intransparenz und Verschleierung berüchtigt ist. Was rund um die russische Wiederaufbereitungsanlage Malak wirklich im Boden liegt, ist dabei ebenso wenig bekannt wie das wahre Ausmaß der Brände im verseuchten Gebiet um Tschernobyl.

Zwar hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Probleme im Zweifel stets größer sind, als es die russischen Behörden zugeben. Dennoch besteht nach allem, was bisher bekannt ist, für Panik kein Anlass - zumindest nicht hierzulande. Die Menschen, die unmittelbar in der betroffenen Region leben, sind hingegen bedroht, wobei sich das Ausmaß der radioaktiven Verseuchung derzeit noch nicht beurteilen lässt.

Deutlich klarer ist dagegen, welche übergeordnete Botschaft von den Waldbränden in Russland ausgeht: Atomanlagen und ihre Hinterlassenschaften sind für Naturkatastrophen höchst anfällig. Diese Erkenntnis wird in der Praxis gern verdrängt. Dabei ist die Gefahr real, wie sich nicht nur jetzt in Russland zeigt. So wurde der Beinahe-GAU im schwedischen Reaktor Forsmark durch einen simplen Blitzschlag ausgelöst. Und in Deutschland ist etwa das Atomkraftwerk Biblis nach Ansicht von Experten nicht ausreichend gegen Erdbeben gesichert, die auch dort möglich sind. Selbst gegen extremes Hochwasser wie jetzt in Pakistan sind längst nicht alle Reaktoren geschützt. Im Ausland soll manch neues AKW gar an expliziten Risikostandorten entstehen, etwa im bulgarischen Belene oder im brasilianischen Angra, die beide in potentiellen Erdbebengebieten liegen.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt bei taz.

Ausgeschlossen. Unwahrscheinlich. Auf jeden Fall beherrschbar - mit solchen Beschwichtigungsformeln werden mögliche Bedrohungsszenarien stets kleingeredet. Auch, dass Waldbrände wie in Russland zu radioaktiven Wolken führen könnten, hätte bis vor Kurzem vermutlich niemand ernst genommen. Nun zeigt sich, wie wenig es hilft, solche Gefahren auf Dauer zu verdrängen.

Jede Atomanlage stellt ein unkalkulierbares Risiko dar: Diese Aussage bekommt angesichts zunehmender Extremwetter-Ereignisse eine neue Aktualität. Dass das politische Konsequenzen haben wird, ist bislang aber leider noch nicht abzusehen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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2 Kommentare

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  • K
    Kai

    Malak? Wo soll das liegen? Ich kenne eine Wiederaufbereitungsanlage in Majak, aber von Malak hab ich noch nie was gehört. Aber so sieht halt Journalismus im Jahre 2010 aus...

  • T
    Toni

    Die Ukrainer würden sich wohl sehr aufregen, wenn die Russen anfangen würden, sich in die (Brand-)Situation um Tschernobyl einzumischen…