Kommentar Nato: Wo Bush recht hat

Die USA wollen die Ukraine in die Nato aufnehmen. Und wetzt so aus, was sich europäische Länder aus Rücksicht auf das autoritäre bis mafiöse Russland nicht trauen.

Dass US-Präsident George Bush, einen Tag vor dem Nato-Gipfel in Bukarest, seinen Wunsch nach Aufnahme der Ukraine bekräftigte, musste in Moskau für Unmut sorgen. Den Amerikanern fällt es grundsätzlich leichter als den Europäern, Kiew solche Versprechungen zu machen, denn bis nach Washington reicht Moskaus Groll so schnell nicht.

Natürlich wäre der Ukraine mit einer Aufnahme in die Europäische Union weit mehr gedient als mit dem losen Versprechen, in den nächsten zehn Jahren der Nato beitreten zu können. Doch dazu ist die EU nicht bereit. Deshalb ist Bushs Beharren, Kiew müsse langfristig zum freieren Teil der Welt gehören, richtig. So wetzt er die Scharte aus, dass deutsche und französische Politiker gegenüber einem autoritären bis mafiösen Russland zu viel Rücksicht nehmen. Wo Europa die Puste ausgeht, greifen die USA ein. Leider ist es immer noch so.

Unterdessen will die Mehrheit der Ukrainer gar nicht der Nato beitreten. Moskau nutzt die aktuelle Stimmung, um den Aufnahmeantrag der Regierung in Kiew denn auch als undemokratisch und manipuliert darzustellen. Moskau übersieht dabei, dass es sich hier um gewählte Politiker mit einem glaubwürdigen demokratischen Mandat handelt - wer kann das in Moskau schon von sich behaupten? Dennoch: Niemand sollte die Ukraine gegen den Willen einer Bevölkerungsmehrheit in die Nato treiben. Es wäre weder der Sache noch der Regierung in Kiew dienlich und würde Moskau im russisch besiedelten Teil der Ukraine nur Zündstoff zur Destabilisierung liefern.

Geschickter wäre es daher, zur Aufnahme in die Nato ein Begleitprogramm zu lancieren und eine engere Anbindung an die EU zu fördern. Sollten Paris und Berlin dazu nicht willens sein, müssen die anderen Europäer das übernehmen.

Klar ist: Auch die russischsprachigen Ostukrainer werden eines Tages Richtung Europa schauen - so, wie die Russen in den baltischen Staaten heute nicht weniger überzeugte Neueuropäer sind als Letten oder Esten. Längst haben sie begriffen, dass sie sich vom Wunsch nach imperialer Größe nicht nur nichts kaufen können, sondern diese vielmehr mit Leib, Leben und Wohlstand bezahlen mussten.

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Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.

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