Kommentar NPD: Brauner geht's nicht
Ans Licht kommt der innere Zustand einer zutiefst neonazistisch ausgerichteten Partei, die sich bemüht, scheinbar bürgernah soziale Themen aufzugreifen. Das kommt der NPD ungelegen.
K ein Zweifel: Die NPD-Führung wird sich alle Mühe geben, den Blick in die Eingeweide ihrer Partei zu verharmlosen, den die taz heute ermöglicht. Nichts Neues, Wichtiges oder gar Geheimes würde jetzt öffentlich werden. Die Partei weiß aber selbst am besten: Die nun zugänglichen Informationen könnten kaum verheerender für sie sein.
In mehr als 60.000 Mails sprechen Funktionsträger und Parteikader über Strategien und Personal. Auch sehr viele Amtsinhaber in Parlamenten und Aktivisten in den Landesverbänden tauschen sich in dem der taz zugespielten E-Mail-Verkehr aus. Ans Licht kommt der innere Zustand einer zutiefst neonazistisch ausgerichteten Partei, die sich bemüht, scheinbar bürgernah soziale Themen und lokale Probleme aufzugreifen.
Das zeichnet kein völlig neues Bild der NPD. Denn sie gibt sich ja keineswegs immer und überall Mühe, ihren Hass auf das "System BRD", auf "Bimbos", "Emanzen", Juden oder Punks zu verheimlichen. Diese Partei um Udo Voigt kann nicht anders. Die Mails sprechen hier eine unleugbar klare Sprache: Erfahrene Kader, die sich "Kanaken-Plakate" wünschen, langjährige Aktivisten, die das Szene-Zahlenkürzel für "Heil Hitler" verwenden.
Diese Mails offenbaren aber auch aus Ost wie West der Partei interne Debatten und Personalquerelen, Kontaktanfragen von Interessierten, Listen von NPD- wie auch von DVU-Strukturen, Verträge mit Firmen und Zwist unter Kaderpärchen. Interna der ältesten Neonazipartei Deutschlands sind schon früher bekannt geworden. Doch das Volumen der jetzt durchgesickerten Informationen, wie auch der Termin kommen der NPD denkbar unpassend.
Am Sonntag will die Szene in Dresden ihren großen "Trauermarsch" ausrichten: Nicht zu wissen, wer alles nun die Orte kennt, von denen ihre Busse losfahren, wird sie nervös machen. In Sachsen-Anhalt und Bremen hofft die NPD auf Wahlerfolge. Das Informationsleck wird Wahlhelfer verunsichern, Interessierte erschrecken und Planungen beeinflussen. Manch Schwankenden werden die Mails von der Wahl abhalten - hoffentlich.
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