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Kommentar NPDBrauner geht's nicht

Andreas Speit
Kommentar von Andreas Speit

Ans Licht kommt der innere Zustand einer zutiefst neonazistisch ausgerichteten Partei, die sich bemüht, scheinbar bürgernah soziale Themen aufzugreifen. Das kommt der NPD ungelegen.

K ein Zweifel: Die NPD-Führung wird sich alle Mühe geben, den Blick in die Eingeweide ihrer Partei zu verharmlosen, den die taz heute ermöglicht. Nichts Neues, Wichtiges oder gar Geheimes würde jetzt öffentlich werden. Die Partei weiß aber selbst am besten: Die nun zugänglichen Informationen könnten kaum verheerender für sie sein.

In mehr als 60.000 Mails sprechen Funktionsträger und Parteikader über Strategien und Personal. Auch sehr viele Amtsinhaber in Parlamenten und Aktivisten in den Landesverbänden tauschen sich in dem der taz zugespielten E-Mail-Verkehr aus. Ans Licht kommt der innere Zustand einer zutiefst neonazistisch ausgerichteten Partei, die sich bemüht, scheinbar bürgernah soziale Themen und lokale Probleme aufzugreifen.

Das zeichnet kein völlig neues Bild der NPD. Denn sie gibt sich ja keineswegs immer und überall Mühe, ihren Hass auf das "System BRD", auf "Bimbos", "Emanzen", Juden oder Punks zu verheimlichen. Diese Partei um Udo Voigt kann nicht anders. Die Mails sprechen hier eine unleugbar klare Sprache: Erfahrene Kader, die sich "Kanaken-Plakate" wünschen, langjährige Aktivisten, die das Szene-Zahlenkürzel für "Heil Hitler" verwenden.

Diese Mails offenbaren aber auch aus Ost wie West der Partei interne Debatten und Personalquerelen, Kontaktanfragen von Interessierten, Listen von NPD- wie auch von DVU-Strukturen, Verträge mit Firmen und Zwist unter Kaderpärchen. Interna der ältesten Neonazipartei Deutschlands sind schon früher bekannt geworden. Doch das Volumen der jetzt durchgesickerten Informationen, wie auch der Termin kommen der NPD denkbar unpassend.

Am Sonntag will die Szene in Dresden ihren großen "Trauermarsch" ausrichten: Nicht zu wissen, wer alles nun die Orte kennt, von denen ihre Busse losfahren, wird sie nervös machen. In Sachsen-Anhalt und Bremen hofft die NPD auf Wahlerfolge. Das Informationsleck wird Wahlhelfer verunsichern, Interessierte erschrecken und Planungen beeinflussen. Manch Schwankenden werden die Mails von der Wahl abhalten - hoffentlich.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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9 Kommentare

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  • G
    Grauenstein

    Über die NPD muß mann wohl nicht mehr reden.

    Es wundert mich, wie man legal an diese Emails gekommen ist.

     

    Es sollte eigentlich jedem Nutzer dieser Einrichtung ( Email ) zu denken geben.

     

    Wann sind es die der Privaten Nutzer die öffentlich gemacht werden?

  • H
    holla

    tja deutschland schafft sich ab und mit der npd fängt es an.

     

    ausgezeichnet!

  • FB
    Franz Beer

    Es steht fest das diese Wirrköpfe ,leider noch nicht in der heutigen Gesellschaft angekommen sind.Die alten Herren dieser Parteien,leiden leider immer noch unter Ihren Kriegstraumata.Und die Jungen Parteimitglieder,haben nicht in der Schule aufgepasst.Pisa -noch nie gehört.Leider ein sehr mangelhaftes Vokabular. Soziale Kompetenz null .Leider .Ja Jungs was wollt Ihr nun machen? Nachdem Ihr Verpetzt worden seid.Immer ums Lagerfeuer Maschieren macht euch auch nicht schlauer.Aber nu vorsicht mit eueren Beleidigungen,ansonsten sitzt euer Vorstand noch im Knast wegen Volksverhetzung.Scheiß Perspektive oder.?Blick geradeaus und lauft nicht gegen den Laternenpfahl,sonst BEULE

  • H
    Horst

    Mit dem kleinen aber feinen Unterschied das die Jauchegrube Altermedia keine hier zugelassene Partei (und das ist verdammt gut so!) darstellt die auch noch Staatsknete kassiert.

    Es geht um die Innenansichten dieser Partei, nicht darum wer übleren braunen Müll absondert.

  • B
    Boris

    Aber nicht faschistischer als z.B. auf indymedia *zwinker*

  • V
    vic
  • TS
    Thomas Sch.

    Wer auch nur halbwegs seine sieben Sinne beisammen hat, kann die NPD und ihre Leute richtig einschätzen. Und da sie in Deutschland, keine 50, keine 40 und auch keine 30 Prozent erreicht, ja nicht einmal 20 oder zehn Prozent, sondern allenthalben nur einstellige Werte - und das auch nur im unteren Bereich - der weiß, daß unsere Demokratie recht fest im Sattel sitzt und man vor den Braunen nicht die große Angst zu haben braucht. In meinem Wahlbezirk, einer mittleren Kleinstadt in Hessen, haben bei der letzten Wahl gerade mal sechs Personen NPD gewählt. Die gefühlten Einschränkungen, also der sog. deutsche Blick, bei dem man sich also umdreht und guckt, wer zuhört, bevor man etwas sagt, kommen ja ganz woanders her. Und daß das Allgemeingut gut weiß jeder, denn schon nach dieser leisen Andeutung weiß jeder, was gemeint ist.

  • DF
    Daniel Funboy10

    ...und das alles, seitdem die Partei aus der Obhut des britischen Geheimdienstes in die der bundesdeutschen Verfassungsschutzämter übergegangen ist.

     

    Bei einer Partei, deren operative Kader zu 3/4 aus V-Leuten bestehen, sollte es nicht verwundern, daß sie die grobschlächtigsten Klischees des subkulturellen Neonazismus mit realsatirischer Prägnanz vorführt.

     

    "Das System" braucht eine starke, möglichst radikale NPD. In welchem Ausmaß diese Partei ein Geschöpf des Systems ist, welchem sie radikale Opposition zu bereiten vermeint, wird immer dann deutlich, wenn ihre Führungschargen mißliebigen Persönlichkeiten, die dem Establishment gefährlich werden könnten, ihre Unterstützung, ja sogar die Mitgliedschaft in ihrer Partei anbieten.

     

    Am Ende wird der Michel den alt-bundesdeutschen Wohlfahrtsstaat für ein nazistisches Projekt halten. Es ist schwerlich ein Zufall, daß die Wiederaufstehung der NPD mit dem Beginn der letzten Globalisierungswelle zusammenfiel; und daß die Partei, die in den 60ern und 70ern, unter ihren Vorsitzenden Thadden und Mußgnug, gutbürgerlich und prokapitalistisch gewesen war, sich heute in sozialdemagogischer Manier als Verteidigerin des Sozialstaats geriert: So paßt es den Neoliberalen und Atlantikern in allen Parteien. HartzIV-Empfänger sind potentiell rassistischer Mob, und nicht nur sind Sozialismus und Nationalsozialismus praktisch ein- und dasselbe, auch der wohlfahrtsstaatlich gezähmte "rheinische Kapitalismus" altbundesdeutscher Provenienz war eigentlich eine Fortsetzung des Nationalsozialismus mit anderen Mitteln. So könnte es ihnen passen, den Neoliberalen und ihren linksliberalen Helfershelfern in den Politik- und Feuilletonredaktionen. Als Lafontaine in seiner "Erfurter Rede" von "Fremdarbeitern" sprach, fühlten sie sich sogleich bestätigt, und nicht zufällig erhielt Lafontaine in der Folge vernehmlichen Beifall aus der Ecke der NPD. Nein, schwerlich ein Zufall, das alles.

  • A
    atypixx

    Der Autor sollte mal einen Blick auf altermedia werfen; es geht noch sehr viel brauner, hetzerischer, primitiver und ekelhafter. Und das weiß er auch :-)