Kommentar Ministrable Migranten: Migranten statt Parteidiener
Die Wahl Bilkay Öneys zur Integrationsministerin in Stuttgart wird den Druck auf den Wahlsieger im September in Berlin erhöhen.
D ie Nominierung von Bilkay Öney dürfte auch den Regierenden Bürgermeister überrascht haben. Bislang nämlich war die Ex-Grüne in SPD-Kreisen nicht mit einem Senatorenamt in Verbindung gebracht worden. Macht sie als Integrationsministerin in Stuttgart einen guten Job, müssen sich Wowereit und seine SPD fragen lassen, ob sie Talente nicht erkennen oder nicht richtig fördern?
Doch das ist wohl das kleinere Problem. Mit der Ernennung von Öney in Stuttgart wächst der Druck auf den kommenden Wahlsieger, nach dem Urnengang im September ebenfalls Farbe zu zeigen. Berlin wäre dann nach Niedersachsen und Baden-Württemberg das dritte Bundesland mit einem MndH, einer Ministerin oder einem Minister nichtdeutscher Herkunft. Das ist zwar nicht Spitze, wäre aber ganz ordentlich. Würde Berlin die Chance nicht nutzen und andere Bundesländer würden an der Hauptstadt vorbeiziehen - es wäre eine Blamage.
Die Frage ist nur: woher nehmen? Das Protegieren von oben mag bei Öney geklappt haben. Bei Müjgan Percin in Neukölln hat es den Protest der grünen Basis hervorgerufen. Migrantische Shootingstars sponsored by Gutsherrenart, so die Botschaft, sind unerwünscht.
Also müssen Migranten, ob mit oder ohne Quote, die Kärrnertour durch die Partei antreten. Damit schadet sich die Politik gleich zweimal. Einmal, weil das Ergebnis sattsam bekannt sein dürfte. Zum andern, weil eine attraktive Politik in Zukunft mehr kompetente Politiker braucht und weniger Parteisoldaten - ob mit deutscher oder ohne deutsche Herkunft.
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