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Kommentar Mehrwertsteuer - ProVon Großbritannien lernen

Beate Willms
Kommentar von Beate Willms

Die Binnennachfrage muss angekurbelt werden. Eine Senkung der Mehrwehrtsteuer ist dafür besser geeignet als ein einmaliger Staatszuschuss.

N icht dass die Bundeskanzlerin Steuergeschenken abhold wäre. Da sei die Autoindustrie vor! Aber die Mehrwertsteuer in Deutschland zu senken, wie Großbritannien es vormacht, damit hat Merkel ein Problem. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 2007 zurückzunehmen würde nämlich bedeuten, einen Riesenfehler einzugestehen.

Bild: taz

Beate Willms ist Redakteurin im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Dabei ist ökonomisch eigentlich klar: Wenn der Export als Wirtschaftsmotor ausfällt, muss man die Binnennachfrage ankurbeln. Eine Senkung der Mehrwertsteuer ist da hilfreich. Denn anders als etwa Barschecks kann man sie nicht aufs Sparbuch tragen, wie die Deutschen das doch so gerne tun.

Nein, man muss sogar Geld ausgeben, um davon zu profitieren. Eine Senkung der Mehrwertsteuer würde Handwerkerrechnungen verbilligen sowie kleine und mittlere Unternehmen entlasten. Das würde Verbrauchern und Einzelhandel nicht nur das Weihnachtsfest, sondern auch Ostern und den nächsten Sommerurlaub versüßen. Denn natürlich wirkt sich eine Senkung der Mehrwertsteuer viel langfristiger aus als ein einmaliger Zuschuss.

Vorausgesetzt, der Handel gibt den Nachlass an den Verbraucher weiter. Darum aber wird er nicht herumkommen, denn der Konkurrenzdruck in der Branche ist so groß, dass kaum ein Laden es sich leisten kann, auf niedrigere Preise zu verzichten - zumal wenn sie ihn selbst nichts kosten.

Für die Regierung wäre das teuer, das ist klar. Es wäre fatal, würde sie dafür auf Investitionen verzichten. Aber auch hier hat Großbritannien die Lösung: Der Steuerausfall soll später durch höhere Einkommensteuern für Reiche ausgeglichen werden. Richtig so! Schließlich würde das zugleich eine soziale Schieflage korrigieren, die auch in Deutschland schon viel zu lange besteht.

Wenn sich die Hauptlast der Staatsfinanzierung von den indirekten Steuern - also Verbrauchssteuern - auf die direkten Steuern verschiebt, würden Besserverdiener wieder einen größeren Anteil an den Staatskosten übernehmen. Wer hätte gedacht, dass man sich je Großbritannien in der Steuerpolitik als Vorbild wünschen würde? Aber so ist es. Mister Brown, übernehmen Sie!

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Beate Willms
Ressortleiterin Wirtschaft und Umwelt
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1 Kommentar

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  • C
    Caddie

    Das Problem sind die Milliarden, die durch Steuerbetrüger (Scheinunternehmer, Karussel-Geschäfte etc pp) dem Staat verloren gehen. Würde unserem Staat durch solche Verbrecher nicht Milliarden fehlen, könnte unser Staat ohne Probleme den Steuersatz senken. Wieder zurück zu den 16% wäre dann möglich. Wie die Schlupflöcher im Umsatzsteuergesetz ganz schnell zu schließen sind, weiß jeder kleine Finanzbeamte (den höheren fehlt dieses Wissen leider). Steinbrück wollte auch schon, aber leider handelt es sich um ein EU-Gesetz, wo die anderen Länder zustimmen müssen. Und irgendwie fanden sich keine Mitstreiter. Somit dürfen wir den Kopf für ein paar reiche Betrüger hinhalten...