Kommentar Mehrwertsteuer - Contra: Bildung statt Böller
Eine Mehrwertsteuersenkung wäre reine Geldverschwendung. Die 24 Milliarden Euro, die eine Reduzierung um drei Prozent kosten würde, sind viel besser in der Bildung aufgehoben.
W eihnachten naht und die Schenker beginnen schon, die Preisschilder zu vergleichen. Da scheint es naheliegend, die Mehrwertsteuer zu senken, um den Konsum zu beleben und die Konjunktur anzukurbeln. Trotzdem wäre dieser Steuernachlass reine Geldverschwendung.
Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Erstes Problem: Die gesenkte Mehrwertsteuer würde oftmals gar nicht bei den Konsumenten ankommen - stattdessen könnte so manche Firma einen Extragewinn verbuchen. Denn kein Unternehmen wäre verpflichtet, den Steuernachlass an die Kunden weiterzureichen. Es würde also von der Härte des Wettbewerbs in den einzelnen Branchen abhängen, ob die Endpreise tatsächlich sinken.
Doch selbst wenn die Preise nachgeben, ist damit - zweites Problem - keineswegs gesagt, dass die Kunden auch shoppen gehen. Wer schafft sich denn einen DVD-Player für 50 Euro an, den er nicht wirklich braucht, nur weil dieser 1,50 Euro billiger wäre? Momentan sind die Deutschen extrem verunsichert und halten ihr Geld zusammen. Gekauft wird nur noch, was unumgänglich ist. Steuernachlässe von 3 Prozentpunkten bewirken da wenig.
Zudem - drittes Problem - wäre das Experiment teuer. 24 Milliarden Euro würde es kosten, die Mehrwertsteuer wieder von 19 auf 16 Prozent zu senken. Der Abschwung ist jedoch viel zu nah, um auszuprobieren, ob die deutsche Wirtschaft auf diesen gigantischen Steuernachlass reagiert.
Deutschland braucht ein Konjunkturprogramm, aber dabei muss jeder investierte Euro maximal wirken. Das funktioniert am besten, wenn der Staat als Nachfrager auftritt und direkt Arbeitsplätze schafft. Der Bildungsbereich eignet sich dafür optimal: Jede Pisa-Studie fordert erneut, benachteiligte Kinder zu fördern.
Was allerdings stimmt: Die Mehrwertsteuer ist ungerecht, weil sie die unteren Schichten stärker belastet - während die Bestverdiener durch gesenkte Spitzensteuern entlastet wurden. Doch die notwendige Korrektur dieser rot-grünen Fehler dauert zu lange, um schnell die Wirtschaft zu beleben. Kurz vor dem Abschwung gilt daher umgekehrt: Jedes Konjunkturprogramm muss gleichzeitig die Gerechtigkeit steigern. Bildungsinvestitionen würden dies leisten.
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