Kommentar Mathe-Methoden: Populismus geht vor
Der Streit um den Rechenweg ist keine Kleinigkeit. Es geht um die Frage, wie erhalten Kinder erfolgreich Zugang zur Mathematik.
Für den Laien ist das ungewohnt: Grundschulkinder sollen nicht mehr vollschriftlich Dividieren lernen, so wie ihre Eltern und Großeltern. Unter Grundschul-Didaktikern dagegen ist die Sache klar.
Es geht darum, dass mehr Kinder besser Mathe beherrschen und ihre Erkenntnisse anwenden können. Denn auch als die schriftliche Division noch Pflicht war, haben viele sie nicht gelernt, die weiterführenden Schulen setzten sie aber voraus.
Ob dieses alte Verfahren überhaupt nötig ist, um in den höheren Klassen Brüche und Dezimalzahlen zu verstehen, ist strittig. Die Schulbehörde sagt ja, von Mathe-Fachleitern hört man, auch dafür sei die halbschriftliche Division bestens geeignet.
Dies spricht dafür, das Thema zur Diskussion zu stellen und nicht von Oben herab zu entscheiden. Denn es geht hier nur scheinbar um eine Kleinigkeit. Wenn es stimmt, was Grundschuldidaktiker sagen, bringt man hier viele Kinder um ihren erfolgreichen Zugang zur Mathematik. Zudem bekommt, wer die „Regelanforderung“ nicht erfüllt, eine schlechte Note.
Ein Kompromiss wäre zu sagen, schriftliche Division gehört zu der „erhöhten Anforderung“ für Leistungsstarke. Nur dazu war die Behördenspitze nicht bereit. Die Experten, die den Rahmenplan erstellten, haben diese Methode nicht grundlos aussortiert. Vorschrift wäre nun eine Erprobung und Auswertung nach drei Jahren, also 2014.
Doch solange mochte Senator Rabe nicht warten. Vielleicht aus Sorge vor einer neuen Empörungs-Welle wie nach Abschaffung der Schreibschrift. Motto: Jetzt rechnen unsere Kinder nicht mal mehr.
Dabei zeigt der Senator lieber Strenge. Das Thema erinnert an die „benoteten Diktate“, die Rabe zu Beginn seiner Amtszeit plante. Nur damals gab es eine Befassung in der Deputation, mit dem Ergebnis, dass diese nicht für alle Vorschrift sind.
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