Kommentar Marssonde: Leben im Weltall
Der Mars beflügelt Träume vom Leben abseits der Erde. Die Wissenschaft braucht aber keine teure bemannte Raumfahrt. Roboter können das besser.
A ls vor 36 Jahren die beiden „Viking“-Sonden erfolgreich auf dem Mars gelandet waren, konnte man einerseits erkennen, dass unser Nachbarplanet aus ziemlich langweiliger Wüste besteht. Andererseits entstanden damals euphorische Utopien, dass sicherlich bis zum Jahr 2012 Draufgänger wie Perry Rhodan oder Ijon Tichy nach kurzem Stopp auf dem Mars in die Tiefen des Weltraums reisen würden, um interessante Orte und neues Leben zu entdecken.
Nach zahlreichen Fehlschlägen in den vergangenen Jahren ist gestern die Robotersonde „Curiosity“ erfolgreich auf dem Mars gelandet und wird nun im Galekrater herumkurven und untersuchen, ob sich vielleicht in tieferen Schichten doch Spuren mikrobischen Lebens finden.
Auch wenn das in seiner Bescheidenheit gar nicht danach aussieht, ist das ein schöner Erfolg. Was braucht es Menschen auf dem Mars, wenn wir uns auch so alles Wissen verschaffen können? Um nach außerirdischen Lebensspuren zu suchen, wäre ein absurder Aufwand nötig, den Mars von irdischen Keimen steril zu halten, wenn dort menschliche Bakterienschleudern herumstampfen.
ist freier Wissenschaftsphilosoph und -historiker und lebt in Berlin. Unter anderem erschien von ihm: „Die Methode des Gedankenexperiments“, Suhrkamp Verlag 2005.
Nirgendwo ist die Diskrepanz zwischen den sparsamen Bedürfnissen der Wissenschaft und den Zielen prahlsüchtiger Politiker größer als in der Raumfahrt. Seit George W. Bush wurde die Nasa gezwungen, den größten Teil des Etats für Prestigeprojekte der bemannten Raumfahrt zu verwenden. Und während für einen Erfolg wie „Curiosity“ die letzten Restmittel zusammengekratzt wurden, verkommt die Raumstation ISS zu einem wissenschaftlich (nahezu) irrelevanten Hotel für spleenige Millionäre, die eingepfercht in einer Blechbüchse ein paar hundert Kilometer über der Erde für ein paar Tage das Lebensgefühl von Unterschicht-Caravanurlaub mit Tütennahrung erleben wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden