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Kommentar Mahmud Abbas RückzugHoffentlich nur ein Manöver

Kommentar von Susanne Knaul

Noch ist unklar, ob Palästinenserpräsident Abbas tatsächlich zurücktreten will oder ob er nur damit droht. Sollte er die Ankündigung war machen, wäre es eine Katastrophe.

N och weiß man nicht, ob die Entscheidung des Palästinenserpräsidenten nur ein Manöver ist, ein letztes Signal an die USA in der Hoffnung auf Rettung seiner selbst und der Zwei-Staaten-Lösung. Nicht zum ersten Mal droht Mahmud Abbas mit seinem Rückzug von der politischen Bühne. Vorläufig ist nicht einmal klar, ob es überhaupt zu den für den 24. Januar geplanten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen kommen wird.

Bei aller Kritik, die angebracht wäre, kann ihm eines nicht abgesprochen werden: Der Palästinenserpräsident hat sich seit 16 Jahren konsequent dem Frieden verschrieben. Sollte er seine Ankündigung wahrmachen und die Wahlen stattfinden lassen, ohne selbst zu kandidieren, wäre das jedoch nicht nur für Israel eine Katastrophe, sondern zuallererst für die Palästinenser.

Denn Abbas würde ein Vakuum hinterlassen. Seine Partei, die Fatah, verfügt über keinen geeigneten Nachfolger. Die Bewegung, die sich erst vor wenigen Wochen wieder zusammenraufte, um einen Zentral- und Revolutionsrat zu wählen, würde in einen neuen internen Machtkampf zurückfallen. Gewinnen könnte dabei nur die Hamas.

Bild: taz

Susanne Knaul ist Israel-Korresponentin der taz.

Ein Absprung wäre feige, aber auch typisch für Abbas, der schon in der Vergangenheit gern den Rückwärtsgang einlegte, wenn es ihm zu schwierig wurde. Er kapitulierte vor seinem Vorgänger Jassir Arafat, als der nicht damit aufhörte, den Friedensprozess zu sabotieren. Und er ließ die Kämpfer der Fatah hilflos den Milizen der Hamas ausgeliefert im Gazastreifen zurück, während er selbst vom sicheren Ramallah aus zusah.

Gäbe es Alternativen, würden ihm wenige Palästinenser in Ramallah und noch weniger Menschen in Gaza nachweinen. So wie es ist, wird ein Rückzug von Abbas sein Volk ins Chaos führen.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

4 Kommentare

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  • D
    Dominik

    Ein guter Kommentar, mit zwei kleinen Hacken. Zunächst ist Abbas nicht so feige gewesen, wie der Kommentar vermuten lässt. Arafats herausragenden Status in der palästinensischen Gesellschaft darf nicht unbeachtet bleiben, wenn man die Rolle Abbas'im Kampf gegen den militärischen Widerstand bewertet. Und die Einflussnahme der Fatah auf Gaza war mit dem Hamas-Putsch schlagartig beendet. Abbas hatte keine Möglichkeit direkten oder indirekten Einfluss auf die Entwicklungen in Gaza zu nehmen. Seine Reaktion, die Massenverhaftungen von Hamas-Mitgliedern, war eher kontraproduktiv.

    Der andere Hacken des Kommentars ist die Frage, welche Rolle der Rückzug Abbas' für Israel spielt. Eine weitere Eskalation in den Palästinensergebieten und die damit verbundene politische Instabilität würde Israels Politik der Zermürbung unterstützen. Nach Außen steht der Staat Israel zweifelsohne für eine weitere Zusammenarbeit ein, im Geheimen vertritt die israelische Regierung mit Sicherheit eine andere Position. Eine Katastrophe wäre der Rückzug für Israel nicht. Für Friedensverhandlungen mit Sicherheit.

    Und zum guten Schluß: man sollte nicht Abbas den Vorwurf machen. Die Konsequenzen, die der Rückzug Abbas' für die Palästinenser haben könnte, ist hauptsächlich den Winkelzügen der amerikanischen Nahost-Politik und der Untergrabung aller Authorität der Fatah durch Israel zu verdanken.

  • O
    Ollenhauer

    Weg mit Abbas. Ein Chaos bei den Palästinensern

    hilft Israel....und das ist gut so.

  • J
    James

    Ts, ts, Frau Knaul, ein Absprung, wie Sie es nennen, wäre weder feige, noch 'typisch'. Das ist lediglich eine israelische Beschreibung für Abbas, die Sie hier übernehmen.

     

    Für Abbas als Mensch wäre es ein Erfolg, das Amt als Büttel der USA und Israels niederzulegen.

    Für die Palästinenser wäre es ebenfalls ein Erfolg, weil diese sowieso von der Büttelrolle Abbas' für den Westen wissen. Die Verhältnisse wären geklärt.

    Eine Katastrophe wäre es lediglich für die Israelis, die dann Abbas nicht mehr benützen könnten, ihnen Palästina zu überlassen. Eine Katastrophe wäre es für den 'Westen', der sich erst einen neuen Büttel, der dann vielleicht per Unterschrift Palästina an Israel gibt, schaffen müßten.

     

    Sie schreiben richtig, dass Abbas dem Frieden verpflichtet war. Nun mal ehrlich, Frau Knaul, was hat ihm Israel und der Westen dafür gegeben? Wurde es ihm gedankt? Nein, er wurde bei passender Gelegenheit verspottet und als das behandelt, was er auch war: ein Büttel, der irgendeinen Israel passenden Vertrag unterschreiben sollte.

     

    Hm, Frau Knaul, zu Ihrer Art der Berichterstattung wurde hier sowieso schon viel geschrieben. Es wäre alerdings gut für die Diskussion, wenn Sie Ihre Sicht der Dinge versuchten, etwas unabhängiger von der israelischen Regierungsmeinung darzulegen. Sonst kommt wirklich ein Verdacht auf, der ebenfalls schon hier geäußert wurde.

  • HS
    Hartmut Scharf

    So einen ... Kommentar von Susanne Knaul hätte ich nun in der taz wirklich nicht erwartet. Was bleibt dem armen Mahmud Abbas denn anderes übrig als nicht mehr anzutreten. Jahrelang hat er alle Wünsche Israels und der USA erfüllt und wird deshalb von der Hamas und grossen Teilen der palästinensischen Bevölkerung als Komplize Israels und Veräter Palästinas betrachtet. Und jetzt ist es soweit gekommen,dass Netanjahu das Wort "Zweistaatenlösung" garnicht mehr in den Mund nehmen will. Barack Obama und Hillary Clinton sind nun auch noch von ihrer ursprünglichen Forderung nach einem Siedlungsstop im Westjordanland abgerückt und haben damit alle Hoffnungen auf einen lebensfähigen palästinesischen Staat zerstört. Auf welchem Territorium soll denn dieser Staat entstehen ? Vielleicht auf wenigen verstreuten und voneinander durch jüdische Siedlungen isolierte Homelands ? Vor einer solchen Aussicht kann Abbas nur kapitulieren und muss sein Amt aufgeben, wenn er nicht als Totengräber Palästinas von seinem Volk in Stücke gerissen werden will.