Kommentar Linke an der Saar: Doppelschutz für Lafontaine
Lafontaine ist der Garant für den prognostizierten Erfolg - aber am Ende der Wegstrecke zu einer Koalition mit der SPD vielleicht auch der Stolperstein.
Z ornig waren die alten Männer auf dem doppelten Listenparteitag der Partei Die Linke/Saar am Sonnabend in Saarbrücken bestimmt nicht (mehr). Die uninspirierte Grundsatzrede von Oskar Lafontaine jedenfalls riss kaum einen der Parteigänger vom Sitz. Draußen im Foyer redeten die Mitglieder lieber über ihre tatsächlichen Probleme: Über Harz IV, über das fehlende Geld am Monatsende, über ihre schlecht bezahlten Jobs. Und darüber, dass es da oben auch bei der Linken offenbar nur noch um die Sicherung der Beute gehe: um die für sie alle fast unerreichbaren Mandate für die beiden Parlamente eben.
Dass Lafontaine sich absichern will und deshalb - neben der Spitzenkandidatur für den Landtag - jetzt auch auf der Bundestagsliste Saar ganz vorne steht, gefällt vielen an der Basis nicht. Offene Kritik daran gibt es freilich nicht - da werden lieber andere mit gleichen Ambitionen abgestraft.
Denn Lafontaine ist sakrosankt. Jedes Mitglied der Linken an der Saar weiß ganz genau, dass die Träume von einer Regierungsbeteiligung, von einer Linkspartei auf Augenhöhe mit der SPD erstmals in einem Bundesland im Westen ohne Lafontaine nur Schäume wären. Lafontaine ist der Garant für den prognostizierten Erfolg - aber am Ende der Wegstrecke zu einer Koalition mit der SPD vielleicht auch der Stolperstein.
Geht die Linke vor der SPD von Heiko Maas durchs Ziel und reicht es dann tatsächlich für ein Linksbündnis an der Saar, will Lafontaine (wieder) Ministerpräsident werden - Maas aber nicht Vize unter ihm. Maas kann dann mit der CDU noch in die große Koalition - Lafontaine aber mit niemandem.
Oppositionsführer will Lafontaine aber nicht werden. Hat die SPD die Nase vorn, wird Lafontaine sein Landtagsmandat annehmen, jedoch nur, um bei den Koalitionsverhandlungen dabei sein zu können - den Vize unter Maas will er auch nicht geben.
Der Ausweg in beiden Fällen: der Bundestag. Es wäre ehrlicher, genau das gleich zu sagen.
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