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Kommentar LibyenSomalia am Mittelmeer?

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

In Libyen droht ein langer, brutaler Bürgerkrieg und der Zerfall des Landes. Sanktionen und Kontensperrungen sind einem Warlord wie Gaddafi egal. Was zählt, ist militärische Macht.

W er hoffte, der politische Umsturz in Libyen würde sich nach ähnlich geradlinigem Muster wie in Tunesien und Ägypten vollziehen, sieht sich nun eines Besseren belehrt. Gaddafi hat sich militärisch wieder gefangen und startet mit seiner verbliebenen Staatsmacht den Rachefeldzug gegen die Revolutionäre. Libyen droht ein langer, brutaler Bürgerkrieg und der vorläufige Zerfall des Landes. Nicht Tunesien steht derzeit für Libyens unmittelbare Zukunft Modell, es droht vielmehr ein Somalia am Mittelmeer.

Das erfordert, einen anderen Blick auf Libyen zu werfen. Das übliche Vorgehen der internationalen Diplomatie in Bürgerkriegssituationen besteht darin, durch UN-Resolutionen und Gipfelbeschlüsse den Konflikt einzufrieren und politische Prozesse einzuleiten, um Verhandlungen an die Stelle der Kämpfe treten zu lassen. Aber die Erfahrungen aus Staaten, die sich praktisch über Nacht von straffen Diktaturen in Bürgerkriegsländer verwandeln, stimmen pessimistisch: Friedensverhandlungen mit Gewaltherrschern wie Gaddafi sind zum Scheitern verurteilt. Sie verlängern nur das Leid und machen ihre Bevölkerungen zu Geiseln. Sanktionen, Kontensperrungen und Vorermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs sind skrupellosen Warlords egal. Was zählt, ist militärische Macht.

In Libyen muss es jetzt darum gehen, Gaddafi von der Macht zu verdrängen. Denn während sich die internationale Staatengemeinschaft über Hilfe für Flüchtlinge und neue Druckmittel den Kopf zerbricht, sterben täglich Menschen, und die Angst und die Verzweiflung der Libyer nehmen zu. Je schneller eine Entscheidung gegen Gaddafi fällt, desto besser. Wer Libyen helfen will, muss einen Weg finden, Gaddafi auszuschalten.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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5 Kommentare

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  • JR
    Josef Riga

    Europa hat die Wahl zwischen 2 Übeln. aber auch, wer nicht entscheidet, hat bereits gewählt. Übrigens darf es keine Solidarität mit Italien geben; schließlich hat das bürgerliche/faschistische Italien den "Staat" Libyen in seiner jetzigen Form zu verantworten. Sollen sie jetzt bitte auch alle, ich betone, a l l e Flüchtlinge aufnehmen.

    Was, ... das will Italien nicht? Aber Südtirol annektieren und gegen den Willen seiner Bewohner bahalten, das schon, gelle?

  • B
    Bjan

    Was mich immer irritiert, ist die Annahme, dass ein Diktator ganz alleine da stünde und wenn der weg wäre, dann muss aber auch Ruhe sein.

    Kein Mensch der Welt kann ein Land ganz alleine unter seiner Kontrolle haben. Da sind immer eine ganze Menge Menschen, die diesen Menschen aus welchen Gründen auch immer unterstützen. Auch in Libyen sitzt nicht Gaddafi selbst in den Kampfjets, um seine Leute zu bombardieren, fährt nicht Gaddafi selbst an die Grenze, um Flüchtlinge auszurauben und zu verspotten.

    Es gibt jede Menge Beispiele - auch in jüngerer Geschichte - die zeigen, dass noch lange keine Ruhe im Karton herrscht, bloß weil der Machthaber weg ist. Besonders dann nicht, wenn der 40 Jahre an der Macht war.

    Es mag sein, dass ein militärische Einschreiten unerlässlich wird, um Blutvergießen zu vermeiden. Wer aber glaubt, dass bei einem militärischen Eingreifen kein Blut vergossen würde und keine Verbrechen an der Menschlichkeit verübt würden, der ist hochgradig naiv.

    Ich finde diesen Kommentar zu platt. Er wird der Komplexität der Situation nicht gerecht.

  • G
    grafinger

    Lieber Dominic, was willst Du mit Deinem Artikel ausdrücken?

    Dass es Diktatoren gibt, mit denen nicht verhandelt werden kann? Oops, das haben Grüne, Die Linke und andere "linke" Gruppen und Parteien aber zumindest bis vor Kurzem noch ganz anders gesehen.

    Dass militärische Präventivschläge sinnvoll zur Deeskalation sind? Oh je, also waren der Kosovoeinsatz und der Irakkrieg im Hinblick auf einen erneuten Konflikt mit dem Iran also doch "OK".

    Sorry, aber Deine Stammtischparole vom "draufhauen und dann ist Ruhe" passt wohl doch eher zum FJS und seinen Anhängern. Oder sind diese etwa im Recht?

    Das fragt sich der verwirrte

     

    Grafinger

  • G
    Guido

    Right!!!!

  • A
    andyconstr

    Wer Libyen in einen langen Bürgerkrieg rutschen lässt macht die Radikalislamisten stark, wahrscheinlich wird man dann sowieso dort im Maghreb bombadieren müssen oder Terroristennester auschalten müssen, nur weil man es versäumte die Bürger in ihrem Kampf rechtzeitig zu unterstützen.Afghanistan ist dafür ja ein bekanntes Beispiel.Vielleicht riskiert man dann heute schon die späteren deutschen Soldaten, indem man nichts tut.