piwik no script img

Kommentar Lehren aus OlympiaInszenierungen mit und ohne Nation

Martin Krauss
Kommentar von Martin Krauss

Seine politische Bedeutung hat der Sport, weil er ergebnisoffen ist. Je mehr er Sport ist, umso mehr bewirkt er. Auch Putin hat das begriffen.

Auch hier wird viel in Szene gesetzt: Abschlussfeier der Winterspiele in Pyeongchang Foto: reuters

S o etwas kann nur einen ZDF-Sportkommentator verblüffen: Russische Eishockeyfans haben nach dem Olympiasieg einer Mannschaft, die als „Olympische Athleten aus Russland“ (OAR) auftreten musste, nicht die olympische Flagge geschwungen und nicht die olympische Hymne gesungen. Zu sehen, zu hören war Russland.

Der Sport hat eine politische Wucht, die nicht zu übersehen war. Dieses Russland namens OAR, das im Finale gegen Deutschland bis kurz vor Schluss hinten lag, hat durch seinen Sieg gezeigt, dass es da ist: sehr real, egal wie der offizielle Bezeichnung lautet.

Das muss man nicht gut finden, aber zur Kenntnis sollte man schon nehmen, dass es der Sport war, der demonstriert, dass sich politische Realitäten nicht ungestraft durch die Beschlüsse internationaler Gremien wegschieben lassen.

Noch mehr lehrt dieses in vieler Hinsicht historische Eishockeyfinale zum Abschluss der Spiele in Pyeongchang: dass es merkliche Auswirkungen hat, wenn Nordamerika sich von der Weltbühne weitgehend zurückzieht. Die NHL, Nordamerikas Profieishockeyliga, hatte keine Spieler an die Olympiateams abgestellt. Am meisten traf das die USA und Kanada, die faktisch nicht mal mit B-Teams auf dem Eis standen. Die besten russischen Eishockeycracks verteilen sich jedoch auf zwei Ligen: Neben der NHL spielen viele von ihnen auch in der russischen Superliga – und genau die haben jetzt Gold gewonnen.

Seine weltpolitische Bedeutung hat der Sport deswegen, weil er Sport ist, das heißt: weil er ergebnisoffen ist, weil um ihn gekämpft wird. Je mehr er Sport ist, umso mehr bewirkt er politisch. Begriffen hat das interessanterweise – und auch diesen Befund braucht man nicht gut zu finden – Wladimir Putin, der nicht in Südkorea anwesend war. Staatsferne hilft der politischen Mission, die der Sport hat, sehr.

Was passiert, wenn Politik den Sport instrumentalisieren will, weil sie ihn nicht ernst nimmt, war in Pyeongchang auch beim Eishockey zu sehen: Das gemeinsame Frauenteam von Süd- und Nordkorea wurde Letzter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Krauss
Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Mir fällt hier als gutes Beispiel der Fall Prince ein. Er durfte sich glaube ich nur Artist called Prince nennen. Trotzdem behielt er seine Popularität unter dem Namen.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @tinn:

      'The Artist Formerly Known as Prince', ja, damals ging es um einen Streit mit seiner Produktionsfirma Warner Bros..

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Habe nochmal bei Wiki nachgelesen, The Artist formaly known as Prince. Richtig.

        • @tinn:

          Formerly.

    • @tinn:

      Artist formaly known as Prince. Verdammt. Und abgeben musste er ihn auch nicht. Seinen Namen.

  • "Seine weltpolitische Bedeutung hat der Sport deswegen, weil er Sport ist, das heißt: weil er ergebnisoffen ist, weil um ihn gekämpft wird." Dieser Aussage mu´ich heftig widersprechen.

    Seine Bedeutung liegt in der möglichen Zahl der Zuschauer bzw. Leser weltweit, die hier mit Werbung beeinflusst werden können. Ein tatsächlich gigantischen Marketing Potential auch für Google, Amazon, Microsoft, Apple, usw. die dann den online Zuschauern Werbung vermitteln an der sie satt verdienen.

    Das ist der Zweck der Veranstaltung! Siehe die Aktienkurse solcher Firmen und die Versuche zum Doping um als politischer Landessieger in die Schlagzeilen zu kommen.

    Nein Danke!